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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

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die Identität der Menschheit; auf dem
Wege der Einfalt werde man die Mög-
lichkeit einer solchen Verbesserung wohl
finden: denn sie liege allenthalben vor uns,
und die Einfalt selbst sei das wirksamste
Gegengift aller Verwirrung. Auch den
freien Willen der Menschen glaubt Co-
menius auf seiner Seite zu haben, so-
bald man sie nur nicht täuschte, sondern
in Allem für Alle rein sorgte.
Nichts als das Schlechte würde zerstört;
nur das Ueberflüßige würde hinweggethan;
das Gute bliebe, mit unendlich vielem,
neuen Guten vermehrt, verstärkt, verei-
nigt. Hiezu ladet er nun in der einfältig-
sten Herzenssprache die Menschen ein; der
Bischof spricht zur gesammten Menschheit,
wie zu seiner Gemeine. --

Glauben Sie nicht, daß dergleichen
Utopische Träume, wie man sie zu nennen

pflegt,

die Identitaͤt der Menſchheit; auf dem
Wege der Einfalt werde man die Moͤg-
lichkeit einer ſolchen Verbeſſerung wohl
finden: denn ſie liege allenthalben vor uns,
und die Einfalt ſelbſt ſei das wirkſamſte
Gegengift aller Verwirrung. Auch den
freien Willen der Menſchen glaubt Co-
menius auf ſeiner Seite zu haben, ſo-
bald man ſie nur nicht taͤuſchte, ſondern
in Allem fuͤr Alle rein ſorgte.
Nichts als das Schlechte wuͤrde zerſtoͤrt;
nur das Ueberfluͤßige wuͤrde hinweggethan;
das Gute bliebe, mit unendlich vielem,
neuen Guten vermehrt, verſtaͤrkt, verei-
nigt. Hiezu ladet er nun in der einfaͤltig-
ſten Herzensſprache die Menſchen ein; der
Biſchof ſpricht zur geſammten Menſchheit,
wie zu ſeiner Gemeine. —

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Utopiſche Traͤume, wie man ſie zu nennen

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[48/0063] die Identitaͤt der Menſchheit; auf dem Wege der Einfalt werde man die Moͤg- lichkeit einer ſolchen Verbeſſerung wohl finden: denn ſie liege allenthalben vor uns, und die Einfalt ſelbſt ſei das wirkſamſte Gegengift aller Verwirrung. Auch den freien Willen der Menſchen glaubt Co- menius auf ſeiner Seite zu haben, ſo- bald man ſie nur nicht taͤuſchte, ſondern in Allem fuͤr Alle rein ſorgte. Nichts als das Schlechte wuͤrde zerſtoͤrt; nur das Ueberfluͤßige wuͤrde hinweggethan; das Gute bliebe, mit unendlich vielem, neuen Guten vermehrt, verſtaͤrkt, verei- nigt. Hiezu ladet er nun in der einfaͤltig- ſten Herzensſprache die Menſchen ein; der Biſchof ſpricht zur geſammten Menſchheit, wie zu ſeiner Gemeine. — Glauben Sie nicht, daß dergleichen Utopiſche Traͤume, wie man ſie zu nennen pflegt,

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/63>, abgerufen am 16.05.2024.