Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.seyn, was man gern seyn möchte, ist auf- ſeyn, was man gern ſeyn moͤchte, iſt auf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="15"/> ſeyn, was man gern ſeyn moͤchte, iſt auf-<lb/> munternd, ein Sporn zu vielem auszeich-<lb/> nend-Guten und Edeln. Nenne mans<lb/> Eitelkeit, Selbſtliebe; dieſe Eitelkeit, die<lb/> uns mit andern bindet, ſie zum Spiegel<lb/> unſrer Vorzuͤge macht, iſt, ohne Aufdring-<lb/> lichkeit und Arroganz, ein ſehr verzeihlicher<lb/> Fehler. Wer kann es laͤugnen, daß die<lb/> Franzoͤſiſche Nation, ſo oft ſie konnte, der<lb/> Welt <hi rendition="#g">ein Schauſpiel gab</hi>, daß ſie im-<lb/> mer gern die zuͤndende Lunte vortrug, und<lb/> aufregte? War ſie es nicht, die unter<lb/> Karl dem großen die alte Roͤmermacht in<lb/> gothiſcher Form zuruͤckbringen wollte und<lb/> auf kurze Zeit wirklich zuruͤckbrachte? War<lb/> ſie es nicht, die mit ihrem Rittergeiſt ganz<lb/> Europa zum heiligen Grabe trieb? Fran-<lb/> zoͤſiſche Familien waren es, die zu Jeru-<lb/> ſalem und eine Zeitlang in Conſtantinopel<lb/> herrſchten. Ein Franzoͤſiſcher Koͤnig war<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0022]
ſeyn, was man gern ſeyn moͤchte, iſt auf-
munternd, ein Sporn zu vielem auszeich-
nend-Guten und Edeln. Nenne mans
Eitelkeit, Selbſtliebe; dieſe Eitelkeit, die
uns mit andern bindet, ſie zum Spiegel
unſrer Vorzuͤge macht, iſt, ohne Aufdring-
lichkeit und Arroganz, ein ſehr verzeihlicher
Fehler. Wer kann es laͤugnen, daß die
Franzoͤſiſche Nation, ſo oft ſie konnte, der
Welt ein Schauſpiel gab, daß ſie im-
mer gern die zuͤndende Lunte vortrug, und
aufregte? War ſie es nicht, die unter
Karl dem großen die alte Roͤmermacht in
gothiſcher Form zuruͤckbringen wollte und
auf kurze Zeit wirklich zuruͤckbrachte? War
ſie es nicht, die mit ihrem Rittergeiſt ganz
Europa zum heiligen Grabe trieb? Fran-
zoͤſiſche Familien waren es, die zu Jeru-
ſalem und eine Zeitlang in Conſtantinopel
herrſchten. Ein Franzoͤſiſcher Koͤnig war
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