Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

tet sich dieser Geschmack mit Hülfe des Trie-
bes, den alle Menschen zur Nachahmung ha-
ben, allmälich weiter.. Das alles wäre nicht
so, wenn diese kleine Souverains nur reiche
Hofleute, (grands Seigneurs) wären, die
nach ihrer Rückkunft aus Frankreich sich in ei-
ner Hauptstadt, wie Madrid, London u. f.
sich in einer Menge verlören. An einem Ho-
fe, wo ein Einzelner für seine Person wenig
bedeutet, im Ganzen aber ein festgesetzter, be-
stimmter Ton und Charakter herrschet, wird
ein Englischer Lord, ein Spanischer Grand
den Firniß, den er nachahmend auf Reisen
an sich gezogen hatte, bald wegthun, und zwar
aus eben demselben Principium der Nachah-
mung. Er wird sich mit andern, die ihn
umgeben, in Unison setzen, oder wenigstens
wird sein Restchen fremder Farbe keinen gro-
ßen Einfluß haben. -- Glückes gnug, wenn
man ihn nicht lächerlich findet."

tet ſich dieſer Geſchmack mit Huͤlfe des Trie-
bes, den alle Menſchen zur Nachahmung ha-
ben, allmaͤlich weiter.. Das alles waͤre nicht
ſo, wenn dieſe kleine Souverains nur reiche
Hofleute, (grands Seigneurs) waͤren, die
nach ihrer Ruͤckkunft aus Frankreich ſich in ei-
ner Hauptſtadt, wie Madrid, London u. f.
ſich in einer Menge verloͤren. An einem Ho-
fe, wo ein Einzelner fuͤr ſeine Perſon wenig
bedeutet, im Ganzen aber ein feſtgeſetzter, be-
ſtimmter Ton und Charakter herrſchet, wird
ein Engliſcher Lord, ein Spaniſcher Grand
den Firniß, den er nachahmend auf Reiſen
an ſich gezogen hatte, bald wegthun, und zwar
aus eben demſelben Principium der Nachah-
mung. Er wird ſich mit andern, die ihn
umgeben, in Uniſon ſetzen, oder wenigſtens
wird ſein Reſtchen fremder Farbe keinen gro-
ßen Einfluß haben. — Gluͤckes gnug, wenn
man ihn nicht laͤcherlich findet.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0038" n="31"/>
tet &#x017F;ich die&#x017F;er Ge&#x017F;chmack mit Hu&#x0364;lfe des Trie-<lb/>
bes, den alle Men&#x017F;chen zur Nachahmung ha-<lb/>
ben, allma&#x0364;lich weiter.. Das alles wa&#x0364;re nicht<lb/>
&#x017F;o, wenn die&#x017F;e kleine <hi rendition="#aq">Souverains</hi> nur reiche<lb/>
Hofleute, <hi rendition="#aq">(grands Seigneurs)</hi> wa&#x0364;ren, die<lb/>
nach ihrer Ru&#x0364;ckkunft aus Frankreich &#x017F;ich in ei-<lb/>
ner Haupt&#x017F;tadt, wie <hi rendition="#g">Madrid</hi>, <hi rendition="#g">London</hi> u. f.<lb/>
&#x017F;ich in einer Menge verlo&#x0364;ren. An einem Ho-<lb/>
fe, wo ein Einzelner fu&#x0364;r &#x017F;eine Per&#x017F;on wenig<lb/>
bedeutet, im Ganzen aber ein fe&#x017F;tge&#x017F;etzter, be-<lb/>
&#x017F;timmter Ton und Charakter herr&#x017F;chet, wird<lb/>
ein Engli&#x017F;cher Lord, ein Spani&#x017F;cher Grand<lb/>
den Firniß, den er nachahmend auf Rei&#x017F;en<lb/>
an &#x017F;ich gezogen hatte, bald wegthun, und zwar<lb/>
aus eben dem&#x017F;elben Principium der Nachah-<lb/>
mung. Er wird &#x017F;ich mit andern, die ihn<lb/>
umgeben, in Uni&#x017F;on &#x017F;etzen, oder wenig&#x017F;tens<lb/>
wird &#x017F;ein Re&#x017F;tchen fremder Farbe keinen gro-<lb/>
ßen Einfluß haben. &#x2014; Glu&#x0364;ckes gnug, wenn<lb/>
man ihn nicht la&#x0364;cherlich findet.&#x201C;</p>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0038] tet ſich dieſer Geſchmack mit Huͤlfe des Trie- bes, den alle Menſchen zur Nachahmung ha- ben, allmaͤlich weiter.. Das alles waͤre nicht ſo, wenn dieſe kleine Souverains nur reiche Hofleute, (grands Seigneurs) waͤren, die nach ihrer Ruͤckkunft aus Frankreich ſich in ei- ner Hauptſtadt, wie Madrid, London u. f. ſich in einer Menge verloͤren. An einem Ho- fe, wo ein Einzelner fuͤr ſeine Perſon wenig bedeutet, im Ganzen aber ein feſtgeſetzter, be- ſtimmter Ton und Charakter herrſchet, wird ein Engliſcher Lord, ein Spaniſcher Grand den Firniß, den er nachahmend auf Reiſen an ſich gezogen hatte, bald wegthun, und zwar aus eben demſelben Principium der Nachah- mung. Er wird ſich mit andern, die ihn umgeben, in Uniſon ſetzen, oder wenigſtens wird ſein Reſtchen fremder Farbe keinen gro- ßen Einfluß haben. — Gluͤckes gnug, wenn man ihn nicht laͤcherlich findet.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/38
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/38>, abgerufen am 21.11.2024.