Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

stellern vorkommen *). Endlich nur neue Bü-
cher, nur Zeitschriften!"

"In Frankreich unterscheidet man gute und
schlechte Bücher; man tadelt den falschen Ge-
schmack und seufzet über den Verfall der Wis-
senschaft, indeß in Deutschland die Verfechter
der Französischen Literatur weit entfernt sind,
so etwas auch nur zu vermuthen. Leute von
Geschmack wissen es und schweigen, man
schwimmt nicht gern gegen den Strom. Und
ich, der ich es zuerst wage, welchen Wider-
sprüchen und Tracaßerien setze ich mich
aus! Welch eines Muths, welcher Geduld
habe ich nöthig!"

"Woher kommts, daß in England der
falsch-französische Geschmack die bösen Wir-
kungen nicht hervorgebracht hat, wie in Deutsch-
land? Die Ursache ist klar. Die Neigung

*) Viele große Liebhaber der Französischen Lec-
ture wußten nicht, wer Cotin sei, und ver-
wandelten ihn sehr gelehrt in Catin.

ſtellern vorkommen *). Endlich nur neue Buͤ-
cher, nur Zeitſchriften!“

„In Frankreich unterſcheidet man gute und
ſchlechte Buͤcher; man tadelt den falſchen Ge-
ſchmack und ſeufzet uͤber den Verfall der Wiſ-
ſenſchaft, indeß in Deutſchland die Verfechter
der Franzoͤſiſchen Literatur weit entfernt ſind,
ſo etwas auch nur zu vermuthen. Leute von
Geſchmack wiſſen es und ſchweigen, man
ſchwimmt nicht gern gegen den Strom. Und
ich, der ich es zuerſt wage, welchen Wider-
ſpruͤchen und Tracaßerien ſetze ich mich
aus! Welch eines Muths, welcher Geduld
habe ich noͤthig!“

„Woher kommts, daß in England der
falſch-franzoͤſiſche Geſchmack die boͤſen Wir-
kungen nicht hervorgebracht hat, wie in Deutſch-
land? Die Urſache iſt klar. Die Neigung

*) Viele große Liebhaber der Franzoͤſiſchen Lec-
ture wußten nicht, wer Cotin ſei, und ver-
wandelten ihn ſehr gelehrt in Catin.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" n="37"/>
&#x017F;tellern vorkommen <note place="foot" n="*)">Viele große Liebhaber der Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Lec-<lb/>
ture wußten nicht, wer <hi rendition="#aq">Cotin</hi> &#x017F;ei, und ver-<lb/>
wandelten ihn &#x017F;ehr gelehrt in <hi rendition="#aq">Catin.</hi></note>. Endlich nur neue Bu&#x0364;-<lb/>
cher, nur Zeit&#x017F;chriften!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;In Frankreich unter&#x017F;cheidet man gute und<lb/>
&#x017F;chlechte Bu&#x0364;cher; man tadelt den fal&#x017F;chen Ge-<lb/>
&#x017F;chmack und &#x017F;eufzet u&#x0364;ber den Verfall der Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaft, indeß in Deut&#x017F;chland die Verfechter<lb/>
der Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Literatur weit entfernt &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;o etwas auch nur zu vermuthen. Leute von<lb/>
Ge&#x017F;chmack wi&#x017F;&#x017F;en es und &#x017F;chweigen, man<lb/>
&#x017F;chwimmt nicht gern gegen den Strom. Und<lb/>
ich, der ich es zuer&#x017F;t wage, welchen Wider-<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;chen und <hi rendition="#g">Tracaßerien</hi> &#x017F;etze ich mich<lb/>
aus! Welch eines Muths, welcher Geduld<lb/>
habe ich no&#x0364;thig!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Woher kommts, daß in England der<lb/>
fal&#x017F;ch-franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Ge&#x017F;chmack die bo&#x0364;&#x017F;en Wir-<lb/>
kungen nicht hervorgebracht hat, wie in Deut&#x017F;ch-<lb/>
land? Die Ur&#x017F;ache i&#x017F;t klar. Die Neigung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0044] ſtellern vorkommen *). Endlich nur neue Buͤ- cher, nur Zeitſchriften!“ „In Frankreich unterſcheidet man gute und ſchlechte Buͤcher; man tadelt den falſchen Ge- ſchmack und ſeufzet uͤber den Verfall der Wiſ- ſenſchaft, indeß in Deutſchland die Verfechter der Franzoͤſiſchen Literatur weit entfernt ſind, ſo etwas auch nur zu vermuthen. Leute von Geſchmack wiſſen es und ſchweigen, man ſchwimmt nicht gern gegen den Strom. Und ich, der ich es zuerſt wage, welchen Wider- ſpruͤchen und Tracaßerien ſetze ich mich aus! Welch eines Muths, welcher Geduld habe ich noͤthig!“ „Woher kommts, daß in England der falſch-franzoͤſiſche Geſchmack die boͤſen Wir- kungen nicht hervorgebracht hat, wie in Deutſch- land? Die Urſache iſt klar. Die Neigung *) Viele große Liebhaber der Franzoͤſiſchen Lec- ture wußten nicht, wer Cotin ſei, und ver- wandelten ihn ſehr gelehrt in Catin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/44
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/44>, abgerufen am 09.11.2024.