Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.für unsre Literatur und Sprache war da fuͤr unſre Literatur und Sprache war da <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0045" n="38"/> fuͤr unſre Literatur und Sprache war da<lb/> viel gemaͤßigter. Der Nationalhaß erregte<lb/> Mitbewerbung; man las nicht ſinnlos, man<lb/> ſtarrte nicht bewundernd an, ſondern eiferte<lb/> nach und voran. Dieſe Eiferſucht, ſo unge-<lb/> recht ſie manchmal war, hatte fuͤr die Nation<lb/> eine gute Wirkung. Man ließ ſich nicht un-<lb/> terjochen, am wenigſten ſo weit, daß man ſei-<lb/> ne eigne Sprache aufgegeben, die Werke ſei-<lb/> ner Mitbuͤrger verachtet und dieſe durch den<lb/> Mangel an Aufmerkſamkeit fuͤr ihre Bemuͤ-<lb/> hungen ganz muthlos gemacht haͤtte, wie man<lb/> es in Deutſchland gethan hat; und am Ende<lb/> wozu gethan hat? Um eine fremde Sprache<lb/> ſchlecht zu verſtehen, ſie noch ſchlechter zu<lb/> ſprechen und in ihr nichts als Thorheiten zu<lb/> leſen. Schoͤner Gewinn dafuͤr, daß man in<lb/> ſeinem Lande ein doppelter Barbar wird!<lb/> Lohnte dies der Muͤhe, ſich mit unſrer Lite-<lb/> ratur zu uͤberſtopfen, geſetzt dieſe haͤtte auch<lb/> tauſendmal mehr Verdienſt, als man ihr zu-<lb/> geſteht, um ſolchen Preis?“</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0045]
fuͤr unſre Literatur und Sprache war da
viel gemaͤßigter. Der Nationalhaß erregte
Mitbewerbung; man las nicht ſinnlos, man
ſtarrte nicht bewundernd an, ſondern eiferte
nach und voran. Dieſe Eiferſucht, ſo unge-
recht ſie manchmal war, hatte fuͤr die Nation
eine gute Wirkung. Man ließ ſich nicht un-
terjochen, am wenigſten ſo weit, daß man ſei-
ne eigne Sprache aufgegeben, die Werke ſei-
ner Mitbuͤrger verachtet und dieſe durch den
Mangel an Aufmerkſamkeit fuͤr ihre Bemuͤ-
hungen ganz muthlos gemacht haͤtte, wie man
es in Deutſchland gethan hat; und am Ende
wozu gethan hat? Um eine fremde Sprache
ſchlecht zu verſtehen, ſie noch ſchlechter zu
ſprechen und in ihr nichts als Thorheiten zu
leſen. Schoͤner Gewinn dafuͤr, daß man in
ſeinem Lande ein doppelter Barbar wird!
Lohnte dies der Muͤhe, ſich mit unſrer Lite-
ratur zu uͤberſtopfen, geſetzt dieſe haͤtte auch
tauſendmal mehr Verdienſt, als man ihr zu-
geſteht, um ſolchen Preis?“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |