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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

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Sinn gesunde Begriffe, herzliche fröhliche
Neigungen gewinne, und sich in ihnen un-
gestört, unverrückt, ohne ein untergelegtes
fremdes und falsches Ideal, ohne Schielen
auf auswärtige Sitten und Beziehungen
übe. Wem dies Glück nicht zu Theil
ward, dessen Denkart wird verschraubt,
sein Herz bleibt kalt für die Gegenstände,
die ihn umgeben; oder vielmehr von einer
fremden Buhlerin wird ihm in jugendli-
chem Zauber auf Lebenslang sein Herz ge-
stohlen.

Hat Ihnen das Glück nie einen Deutsch-
Französischen Liebesbriefwechsel zugeführet?
Vielleicht die schönste Blumenlese auswär-
tiger Empfindungen; auf Deutschem Bo-
den dürres Heu, mit verwelkten Blumen.
Jetzt muß man lachen, jetzt sich ver-
wundern, am Ende aber möchte man
über die nicht ausgebrannte, sondern so

Sinn geſunde Begriffe, herzliche froͤhliche
Neigungen gewinne, und ſich in ihnen un-
geſtoͤrt, unverruͤckt, ohne ein untergelegtes
fremdes und falſches Ideal, ohne Schielen
auf auswaͤrtige Sitten und Beziehungen
uͤbe. Wem dies Gluͤck nicht zu Theil
ward, deſſen Denkart wird verſchraubt,
ſein Herz bleibt kalt fuͤr die Gegenſtaͤnde,
die ihn umgeben; oder vielmehr von einer
fremden Buhlerin wird ihm in jugendli-
chem Zauber auf Lebenslang ſein Herz ge-
ſtohlen.

Hat Ihnen das Gluͤck nie einen Deutſch-
Franzoͤſiſchen Liebesbriefwechſel zugefuͤhret?
Vielleicht die ſchoͤnſte Blumenleſe auswaͤr-
tiger Empfindungen; auf Deutſchem Bo-
den duͤrres Heu, mit verwelkten Blumen.
Jetzt muß man lachen, jetzt ſich ver-
wundern, am Ende aber moͤchte man
uͤber die nicht ausgebrannte, ſondern ſo

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[46/0053] Sinn geſunde Begriffe, herzliche froͤhliche Neigungen gewinne, und ſich in ihnen un- geſtoͤrt, unverruͤckt, ohne ein untergelegtes fremdes und falſches Ideal, ohne Schielen auf auswaͤrtige Sitten und Beziehungen uͤbe. Wem dies Gluͤck nicht zu Theil ward, deſſen Denkart wird verſchraubt, ſein Herz bleibt kalt fuͤr die Gegenſtaͤnde, die ihn umgeben; oder vielmehr von einer fremden Buhlerin wird ihm in jugendli- chem Zauber auf Lebenslang ſein Herz ge- ſtohlen. Hat Ihnen das Gluͤck nie einen Deutſch- Franzoͤſiſchen Liebesbriefwechſel zugefuͤhret? Vielleicht die ſchoͤnſte Blumenleſe auswaͤr- tiger Empfindungen; auf Deutſchem Bo- den duͤrres Heu, mit verwelkten Blumen. Jetzt muß man lachen, jetzt ſich ver- wundern, am Ende aber moͤchte man uͤber die nicht ausgebrannte, ſondern ſo

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/53>, abgerufen am 23.11.2024.