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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797.

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ret, daß fast alle Völker der Erde einmal
in einem roheren Zustande gelebet, und
nur von wenigen die Cultur auf andre
gebracht sei; was folget daraus?

1. Daß auf unsrer runden Erde
noch alle Zeitalter der Menschheit
leben und weben
. Da giebts Völker-
schaften im Kindes- Jünglings- Mannes-
Alter, und wird deren wahrscheinlich noch
lange geben, ehe es den Seefahrenden
Greisen Europa's gelingt, durch gebrannte
Wasser, Krankheiten und Sklavenkünste
sie zum Greisesalter zu befördern. Wie
uns nun jede Pflicht der Menschlichkeit
gebeut, einem Kinde, einem Jünglinge
sein Lebensalter, das System seiner Kräfte
und Vergnügen nicht zu stören; so gebie-
tet sie solches auch Nationen gegen Na-
tionen. Sehr angenehm sind mir in die-
sem Betracht mehrere Unterredungen der

Zehnte Sammlung. M

ret, daß faſt alle Voͤlker der Erde einmal
in einem roheren Zuſtande gelebet, und
nur von wenigen die Cultur auf andre
gebracht ſei; was folget daraus?

1. Daß auf unſrer runden Erde
noch alle Zeitalter der Menſchheit
leben und weben
. Da giebts Voͤlker-
ſchaften im Kindes- Juͤnglings- Mannes-
Alter, und wird deren wahrſcheinlich noch
lange geben, ehe es den Seefahrenden
Greiſen Europa's gelingt, durch gebrannte
Waſſer, Krankheiten und Sklavenkuͤnſte
ſie zum Greiſesalter zu befoͤrdern. Wie
uns nun jede Pflicht der Menſchlichkeit
gebeut, einem Kinde, einem Juͤnglinge
ſein Lebensalter, das Syſtem ſeiner Kraͤfte
und Vergnuͤgen nicht zu ſtoͤren; ſo gebie-
tet ſie ſolches auch Nationen gegen Na-
tionen. Sehr angenehm ſind mir in die-
ſem Betracht mehrere Unterredungen der

Zehnte Sammlung. M
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[177/0184] ret, daß faſt alle Voͤlker der Erde einmal in einem roheren Zuſtande gelebet, und nur von wenigen die Cultur auf andre gebracht ſei; was folget daraus? 1. Daß auf unſrer runden Erde noch alle Zeitalter der Menſchheit leben und weben. Da giebts Voͤlker- ſchaften im Kindes- Juͤnglings- Mannes- Alter, und wird deren wahrſcheinlich noch lange geben, ehe es den Seefahrenden Greiſen Europa's gelingt, durch gebrannte Waſſer, Krankheiten und Sklavenkuͤnſte ſie zum Greiſesalter zu befoͤrdern. Wie uns nun jede Pflicht der Menſchlichkeit gebeut, einem Kinde, einem Juͤnglinge ſein Lebensalter, das Syſtem ſeiner Kraͤfte und Vergnuͤgen nicht zu ſtoͤren; ſo gebie- tet ſie ſolches auch Nationen gegen Na- tionen. Sehr angenehm ſind mir in die- ſem Betracht mehrere Unterredungen der Zehnte Sammlung. M

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 10. Riga, 1797, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet10_1797/184>, abgerufen am 21.11.2024.