[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.der Succeßion der Töne folgt keine Achtserklärung ge- gen die malende Poesie. 19. Energie ist das oberste Gesetz der Dichtkunst: sie malet also nie werkmäßig. Urtheil über Harris Vergleichung und Unterscheidung der schönen Künste. 20. Ob die Schilderung körperlicher Schönheit der Dicht- kunst verboten sey? Wo sie jede Schönheit durch Reiz zeigen könne? Ob sie jemals an einer Schönheitsschilde- rung werkmäßig arbeite? Ob, wenn der Dichter häß- liche Formen nützen kann, er nicht auch schöne nutzen könne? 21. Homer macht Thersites nicht häßlich, um ihn lächerlich zu machen. Häßlichkeit an Seele und Körper ist sein Charakter, der blos dadurch gemildert wird, daß er auf nichts Schädliches ausläuft. Es wird also der Person Thersites noch diesmal erlaubt, in Homer zu bleiben. 22. Wenn das Häßliche zum Lächerlichen hilft: so ists zum Contrast des Lächerlichen wesentlich. Zum Schrecklichen nicht so. Ja zum Schrecklichen thut es niemals nichts, sondern zum Abscheu. Ekel kommt eigentlich allein dem Geschmack und Geruch zu; andern Sinnen nur, so fern sie sich an deren Stelle setzen. Nicht alles Häßliche also ist ekelhaft. 23. Gebrauch des Lächerlichen, Schrecklichen, Ekelhaften in Poesie und Malerei. Abschied vom Laokoon. 24. Einzelne Fehler der Winkelmannischen Schriften. Sein Tod -- -- -- Beschluß. Kriti-
der Succeßion der Toͤne folgt keine Achtserklaͤrung ge- gen die malende Poeſie. 19. Energie iſt das oberſte Geſetz der Dichtkunſt: ſie malet alſo nie werkmaͤßig. Urtheil uͤber Harris Vergleichung und Unterſcheidung der ſchoͤnen Kuͤnſte. 20. Ob die Schilderung koͤrperlicher Schoͤnheit der Dicht- kunſt verboten ſey? Wo ſie jede Schoͤnheit durch Reiz zeigen koͤnne? Ob ſie jemals an einer Schoͤnheitsſchilde- rung werkmaͤßig arbeite? Ob, wenn der Dichter haͤß- liche Formen nuͤtzen kann, er nicht auch ſchoͤne nutzen koͤnne? 21. Homer macht Therſites nicht haͤßlich, um ihn laͤcherlich zu machen. Haͤßlichkeit an Seele und Koͤrper iſt ſein Charakter, der blos dadurch gemildert wird, daß er auf nichts Schaͤdliches auslaͤuft. Es wird alſo der Perſon Therſites noch diesmal erlaubt, in Homer zu bleiben. 22. Wenn das Haͤßliche zum Laͤcherlichen hilft: ſo iſts zum Contraſt des Laͤcherlichen weſentlich. Zum Schrecklichen nicht ſo. Ja zum Schrecklichen thut es niemals nichts, ſondern zum Abſcheu. Ekel kommt eigentlich allein dem Geſchmack und Geruch zu; andern Sinnen nur, ſo fern ſie ſich an deren Stelle ſetzen. Nicht alles Haͤßliche alſo iſt ekelhaft. 23. Gebrauch des Laͤcherlichen, Schrecklichen, Ekelhaften in Poeſie und Malerei. Abſchied vom Laokoon. 24. Einzelne Fehler der Winkelmanniſchen Schriften. Sein Tod — — — Beſchluß. Kriti-
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der Succeßion der Toͤne folgt keine Achtserklaͤrung ge-
gen die malende Poeſie.
19. Energie iſt das oberſte Geſetz der Dichtkunſt: ſie malet
alſo nie werkmaͤßig. Urtheil uͤber Harris Vergleichung
und Unterſcheidung der ſchoͤnen Kuͤnſte.
20. Ob die Schilderung koͤrperlicher Schoͤnheit der Dicht-
kunſt verboten ſey? Wo ſie jede Schoͤnheit durch Reiz
zeigen koͤnne? Ob ſie jemals an einer Schoͤnheitsſchilde-
rung werkmaͤßig arbeite? Ob, wenn der Dichter haͤß-
liche Formen nuͤtzen kann, er nicht auch ſchoͤne nutzen
koͤnne?
21. Homer macht Therſites nicht haͤßlich, um ihn laͤcherlich
zu machen. Haͤßlichkeit an Seele und Koͤrper iſt ſein
Charakter, der blos dadurch gemildert wird, daß er auf
nichts Schaͤdliches auslaͤuft. Es wird alſo der Perſon
Therſites noch diesmal erlaubt, in Homer zu bleiben.
22. Wenn das Haͤßliche zum Laͤcherlichen hilft: ſo iſts zum
Contraſt des Laͤcherlichen weſentlich. Zum Schrecklichen
nicht ſo. Ja zum Schrecklichen thut es niemals nichts,
ſondern zum Abſcheu. Ekel kommt eigentlich allein dem
Geſchmack und Geruch zu; andern Sinnen nur, ſo fern
ſie ſich an deren Stelle ſetzen. Nicht alles Haͤßliche alſo
iſt ekelhaft.
23. Gebrauch des Laͤcherlichen, Schrecklichen, Ekelhaften
in Poeſie und Malerei. Abſchied vom Laokoon.
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