Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Wäldchen.
umgekehrt: "Homer macht den Thersites häßlich,
"um ihn lächerlich zu machen: nicht seine bloße
"Häßlichkeit macht ihn lächerlich; aber auch ohne
"Häßlichkeit wäre er nicht lächerlich geworden u. s.
w. Schöne Unterscheidungen! nur Schade, daß
Homer an ihnen so unschuldig ist, als ich. Sein
Thersit ist ganz häßlich, nur es nimmt mit ihm ein
lächerliches Ende. Gesetzt indessen, Thersites wä-
re der, für den ihn Hr. L. erkennet: so sind sei-
ne Beobachtungen überhaupt, philosophisch und
richtig.

Nun aber hat eben dieser lächerliche Thersites
unschuldiger Weise zu einem andern Buche von
284. Seiten Gelegenheit geben müssen, in welchem
er s. v. die Hauptfigur ausmacht. Hr. Klotz hat
ihn würdig geachtet, meistens über ihn ein Bändchen
Epistolarum Homericarum (vielleicht ein zweiter
Riccius) zu schreiben, und ihn darinn feierlich in die
Acht zu erklären, in den Bann zu thun, ins Feuer
zu werfen -- kurz, aus Homer auszurotten. Jch
habe gesagt, daß über Thersites die homerischen
Briefe geschrieben; denn außer dem, daß er ihnen
den meisten Jnhalt, d. i. die meiste Gelegenheit,
umher zu schwärmen, verschaffet; so würde ich,
wenn ich Verfasser der Briefe wäre, es meinem Le-
ser danken, wenn er die übrigen Malereien, so ohne
Prüfung, vorbeischleichen lässet.

Hr. Klotz

Erſtes Waͤldchen.
umgekehrt: „Homer macht den Therſites haͤßlich,
„um ihn laͤcherlich zu machen: nicht ſeine bloße
„Haͤßlichkeit macht ihn laͤcherlich; aber auch ohne
„Haͤßlichkeit waͤre er nicht laͤcherlich geworden u. ſ.
w. Schoͤne Unterſcheidungen! nur Schade, daß
Homer an ihnen ſo unſchuldig iſt, als ich. Sein
Therſit iſt ganz haͤßlich, nur es nimmt mit ihm ein
laͤcherliches Ende. Geſetzt indeſſen, Therſites waͤ-
re der, fuͤr den ihn Hr. L. erkennet: ſo ſind ſei-
ne Beobachtungen uͤberhaupt, philoſophiſch und
richtig.

Nun aber hat eben dieſer laͤcherliche Therſites
unſchuldiger Weiſe zu einem andern Buche von
284. Seiten Gelegenheit geben muͤſſen, in welchem
er ſ. v. die Hauptfigur ausmacht. Hr. Klotz hat
ihn wuͤrdig geachtet, meiſtens uͤber ihn ein Baͤndchen
Epiſtolarum Homericarum (vielleicht ein zweiter
Riccius) zu ſchreiben, und ihn darinn feierlich in die
Acht zu erklaͤren, in den Bann zu thun, ins Feuer
zu werfen — kurz, aus Homer auszurotten. Jch
habe geſagt, daß uͤber Therſites die homeriſchen
Briefe geſchrieben; denn außer dem, daß er ihnen
den meiſten Jnhalt, d. i. die meiſte Gelegenheit,
umher zu ſchwaͤrmen, verſchaffet; ſo wuͤrde ich,
wenn ich Verfaſſer der Briefe waͤre, es meinem Le-
ſer danken, wenn er die uͤbrigen Malereien, ſo ohne
Pruͤfung, vorbeiſchleichen laͤſſet.

Hr. Klotz
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0257" n="251"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Wa&#x0364;ldchen.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">umgekehrt:</hi> &#x201E;Homer macht den Ther&#x017F;ites ha&#x0364;ßlich,<lb/>
&#x201E;um ihn la&#x0364;cherlich zu machen: nicht &#x017F;eine bloße<lb/>
&#x201E;Ha&#x0364;ßlichkeit macht ihn la&#x0364;cherlich; aber auch ohne<lb/>
&#x201E;Ha&#x0364;ßlichkeit wa&#x0364;re er nicht la&#x0364;cherlich geworden u. &#x017F;.<lb/>
w. Scho&#x0364;ne Unter&#x017F;cheidungen! nur Schade, daß<lb/>
Homer an ihnen &#x017F;o un&#x017F;chuldig i&#x017F;t, als ich. Sein<lb/>
Ther&#x017F;it i&#x017F;t ganz ha&#x0364;ßlich, nur es nimmt mit ihm ein<lb/>
la&#x0364;cherliches Ende. Ge&#x017F;etzt inde&#x017F;&#x017F;en, Ther&#x017F;ites wa&#x0364;-<lb/>
re der, fu&#x0364;r den ihn Hr. L. erkennet: &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ei-<lb/>
ne Beobachtungen u&#x0364;berhaupt, philo&#x017F;ophi&#x017F;ch und<lb/>
richtig.</p><lb/>
          <p>Nun aber hat eben die&#x017F;er la&#x0364;cherliche Ther&#x017F;ites<lb/>
un&#x017F;chuldiger Wei&#x017F;e zu einem andern Buche von<lb/>
284. Seiten Gelegenheit geben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, in welchem<lb/>
er <hi rendition="#aq">&#x017F;. v.</hi> die Hauptfigur ausmacht. Hr. Klotz hat<lb/>
ihn wu&#x0364;rdig geachtet, mei&#x017F;tens u&#x0364;ber ihn ein Ba&#x0364;ndchen<lb/><hi rendition="#aq">Epi&#x017F;tolarum Homericarum</hi> (vielleicht ein zweiter<lb/>
Riccius) zu &#x017F;chreiben, und ihn darinn feierlich in die<lb/>
Acht zu erkla&#x0364;ren, in den Bann zu thun, ins Feuer<lb/>
zu werfen &#x2014; kurz, aus Homer auszurotten. Jch<lb/>
habe ge&#x017F;agt, daß <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber Ther&#x017F;ites</hi> die homeri&#x017F;chen<lb/>
Briefe ge&#x017F;chrieben; denn außer dem, daß er ihnen<lb/>
den mei&#x017F;ten Jnhalt, d. i. die mei&#x017F;te Gelegenheit,<lb/>
umher zu &#x017F;chwa&#x0364;rmen, ver&#x017F;chaffet; &#x017F;o wu&#x0364;rde ich,<lb/>
wenn ich Verfa&#x017F;&#x017F;er der Briefe wa&#x0364;re, es meinem Le-<lb/>
&#x017F;er danken, wenn er die u&#x0364;brigen Malereien, &#x017F;o ohne<lb/>
Pru&#x0364;fung, vorbei&#x017F;chleichen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Hr. Klotz</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0257] Erſtes Waͤldchen. umgekehrt: „Homer macht den Therſites haͤßlich, „um ihn laͤcherlich zu machen: nicht ſeine bloße „Haͤßlichkeit macht ihn laͤcherlich; aber auch ohne „Haͤßlichkeit waͤre er nicht laͤcherlich geworden u. ſ. w. Schoͤne Unterſcheidungen! nur Schade, daß Homer an ihnen ſo unſchuldig iſt, als ich. Sein Therſit iſt ganz haͤßlich, nur es nimmt mit ihm ein laͤcherliches Ende. Geſetzt indeſſen, Therſites waͤ- re der, fuͤr den ihn Hr. L. erkennet: ſo ſind ſei- ne Beobachtungen uͤberhaupt, philoſophiſch und richtig. Nun aber hat eben dieſer laͤcherliche Therſites unſchuldiger Weiſe zu einem andern Buche von 284. Seiten Gelegenheit geben muͤſſen, in welchem er ſ. v. die Hauptfigur ausmacht. Hr. Klotz hat ihn wuͤrdig geachtet, meiſtens uͤber ihn ein Baͤndchen Epiſtolarum Homericarum (vielleicht ein zweiter Riccius) zu ſchreiben, und ihn darinn feierlich in die Acht zu erklaͤren, in den Bann zu thun, ins Feuer zu werfen — kurz, aus Homer auszurotten. Jch habe geſagt, daß uͤber Therſites die homeriſchen Briefe geſchrieben; denn außer dem, daß er ihnen den meiſten Jnhalt, d. i. die meiſte Gelegenheit, umher zu ſchwaͤrmen, verſchaffet; ſo wuͤrde ich, wenn ich Verfaſſer der Briefe waͤre, es meinem Le- ſer danken, wenn er die uͤbrigen Malereien, ſo ohne Pruͤfung, vorbeiſchleichen laͤſſet. Hr. Klotz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische01_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische01_1769/257
Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische01_1769/257>, abgerufen am 04.12.2024.