[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769.Erstes Wäldchen. ne kein Stück, das an Süßigkeit der Liebe, undan Entschlossenheit des Scheidenden einen solchen Abschied, zwoer so edlen und so fühlbaren Personen, mit fünf Worten des Dialogs so rührend besänge. Jch nehme Leßingen seine Worte auf die Griechen: "Hier der Schotte! Er fühlte und furchte sich; "er äußerte seine Schmerzen und seinen Kummer: "er schämte sich keiner seiner menschlichen Schwach- "heiten; keine mußte ihn aber auf dem Wege nach "Ehre, und von Erfüllung seiner Pflicht zurückhal- "ten." Und dieser Schotte war ein Barbar von einem nordischen Gebirge. Schilrick trauret um seine entfernte Vinvela a): Was geht über das Gedicht: Colma, Co- die a) Ebendas. p. 4. b) Ebendas. p. 81. C 4
Erſtes Waͤldchen. ne kein Stuͤck, das an Suͤßigkeit der Liebe, undan Entſchloſſenheit des Scheidenden einen ſolchen Abſchied, zwoer ſo edlen und ſo fuͤhlbaren Perſonen, mit fuͤnf Worten des Dialogs ſo ruͤhrend beſaͤnge. Jch nehme Leßingen ſeine Worte auf die Griechen: „Hier der Schotte! Er fuͤhlte und furchte ſich; „er aͤußerte ſeine Schmerzen und ſeinen Kummer: „er ſchaͤmte ſich keiner ſeiner menſchlichen Schwach- „heiten; keine mußte ihn aber auf dem Wege nach „Ehre, und von Erfuͤllung ſeiner Pflicht zuruͤckhal- „ten.„ Und dieſer Schotte war ein Barbar von einem nordiſchen Gebirge. Schilrick trauret um ſeine entfernte Vinvela a): Was geht uͤber das Gedicht: Colma, Co- die a) Ebendaſ. p. 4. b) Ebendaſ. p. 81. C 4
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Erſtes Waͤldchen.
ne kein Stuͤck, das an Suͤßigkeit der Liebe, und
an Entſchloſſenheit des Scheidenden einen ſolchen
Abſchied, zwoer ſo edlen und ſo fuͤhlbaren Perſonen,
mit fuͤnf Worten des Dialogs ſo ruͤhrend beſaͤnge.
Jch nehme Leßingen ſeine Worte auf die Griechen:
„Hier der Schotte! Er fuͤhlte und furchte ſich;
„er aͤußerte ſeine Schmerzen und ſeinen Kummer:
„er ſchaͤmte ſich keiner ſeiner menſchlichen Schwach-
„heiten; keine mußte ihn aber auf dem Wege nach
„Ehre, und von Erfuͤllung ſeiner Pflicht zuruͤckhal-
„ten.„ Und dieſer Schotte war ein Barbar von
einem nordiſchen Gebirge.
Schilrick trauret um ſeine entfernte Vinvela a):
ſie erſcheint, ſie ſpricht im ſauſenden Luͤftchen: „Jch
„hoͤrte von deinem Tode: ich hoͤrte und trauerte um
„dich, Schilrick. Vor Gram um dich gab ich den
„Geiſt auf. Schilrick, ich liege erblaßt im Grabe.„
Sie flieht, ſie faͤhrt davon, wie der graue Nebel im
Winde. Schilrick klagt ſie: die ſanfteſte, feier-
lichſte Elegie der Liebe! — Nur ein Schotte, wuͤr-
de ich im Leßingſchen Enthuſiasmus ſagen, nur ein
Schotte kann zugleich weinen und tapfer ſeyn!„
Was geht uͤber das Gedicht: Colma, Co-
mala: b) an Wahrheit und Einfalt, an Suͤßigkeit
und Hoheit, an Staͤrke und Zartheit der Gedan-
ken, der Empfindungen, des Ausdrucks, an Jn-
halt und Einkleidung; was geht an allem dieſem uͤber
die
a) Ebendaſ. p. 4.
b) Ebendaſ. p. 81.
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