Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Kritische Wälder. Dichtungen darüber müssen wir von den Alten ler-nen. Dazu ist ihre Mythologie: ich sehe sie also nicht entbehrlich, ich sehe nicht einmal, recht genom- men, einen Gegensatz. "Vielleicht also neue Thier- und Menschen- Soll es Gegensatz werden, so muß die neuent- wir
Kritiſche Waͤlder. Dichtungen daruͤber muͤſſen wir von den Alten ler-nen. Dazu iſt ihre Mythologie: ich ſehe ſie alſo nicht entbehrlich, ich ſehe nicht einmal, recht genom- men, einen Gegenſatz. „Vielleicht alſo neue Thier- und Menſchen- Soll es Gegenſatz werden, ſo muß die neuent- wir
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Kritiſche Waͤlder.
Dichtungen daruͤber muͤſſen wir von den Alten ler-
nen. Dazu iſt ihre Mythologie: ich ſehe ſie alſo
nicht entbehrlich, ich ſehe nicht einmal, recht genom-
men, einen Gegenſatz.
„Vielleicht alſo neue Thier- und Menſchen-
„Gattungen?„ Gut! aber in die Naturgeſchichte
gehoͤren dieſe beſſer, als in die Poeſie; und wenn
auch fuͤr dieſe, als Gegenſtaͤnde, Bildergleichniſſe —
was trifft dieſes die Mythologie zum Gegenſatze?
Eine Fabel, eine poetiſche Dichtungslehre iſt ja kein
Bilderſaal griechiſcher Thiere, Menſchen, Pflan-
zen, Gegenden — beide heben ſich noch nicht auf;
vielmehr kann die Mythologie Muſter bleiben, in
dieſer neuern Thierwelt zu dichten.
Soll es Gegenſatz werden, ſo muß die neuent-
deckte Welt uns ſtatt der griechiſchen eine Gallerie
ſolcher und beſſerer Fabeln, Geſchichte, Dichtungen
liefern. Die hottentottiſche Goͤtterlehre, Kunſtbe-
griffe, Hiſtorien, Gedankeneinkleidungen muͤſſen
an die Stelle der griechiſchen treten. Der Pacha-
kamai der Peruaner wird Zevs, der Chemiin der
Caraiben wird der große Pan, und der Areskovi
der Huronen der ſchoͤne Apollo. Statt der ſchoͤ-
nen Genien der Griechen wollen wir die Hondat-
konſonas der Jroquoiſen, und ſtatt der edlen, poe-
tiſchreichen und ſchoͤnen Fabelverrichtungen der al-
ten homeriſchen Goͤtter, ihrer Einwirkung in die
Welt, und ihrer Thaten unter den Menſchen wollen
wir
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