Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Kritische Wälder ihn schwerlich. Welcher leidige Kram der meistenGemmengelehrsamkeit in den klotzischen Schriften! Selten, daß er eine wichtige Stelle neu erläutert: oft, daß er müßig da steht, und oft, daß wir ihn gar wegwünschen; denn er bringt uns aus dem poeti- schen Tone des Ganzen. Der Cupido, der als Künstler vor dem Kopfe des Sokrates, Plato, Ho- raz sitzt, schnitze ihn, nur er verstümmle ihn nicht, er schone ihm Nas' und Wange. Ohne daß man mirs vordemonstrire, erkenne und
Kritiſche Waͤlder ihn ſchwerlich. Welcher leidige Kram der meiſtenGemmengelehrſamkeit in den klotziſchen Schriften! Selten, daß er eine wichtige Stelle neu erlaͤutert: oft, daß er muͤßig da ſteht, und oft, daß wir ihn gar wegwuͤnſchen; denn er bringt uns aus dem poeti- ſchen Tone des Ganzen. Der Cupido, der als Kuͤnſtler vor dem Kopfe des Sokrates, Plato, Ho- raz ſitzt, ſchnitze ihn, nur er verſtuͤmmle ihn nicht, er ſchone ihm Naſ’ und Wange. Ohne daß man mirs vordemonſtrire, erkenne und
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Kritiſche Waͤlder
ihn ſchwerlich. Welcher leidige Kram der meiſten
Gemmengelehrſamkeit in den klotziſchen Schriften!
Selten, daß er eine wichtige Stelle neu erlaͤutert:
oft, daß er muͤßig da ſteht, und oft, daß wir ihn
gar wegwuͤnſchen; denn er bringt uns aus dem poeti-
ſchen Tone des Ganzen. Der Cupido, der als
Kuͤnſtler vor dem Kopfe des Sokrates, Plato, Ho-
raz ſitzt, ſchnitze ihn, nur er verſtuͤmmle ihn nicht,
er ſchone ihm Naſ’ und Wange.
Ohne daß man mirs vordemonſtrire, erkenne
ich den vielfaͤltigen, nutzbaren Gebrauch der geſchnit-
tenen Steine, und wuͤnſchte bei der klotziſchen Schrift,
daß nicht blos der Nutzen der lippertſchen Daktylio-
thek ſo obenhin (denn das mehreſte neue Nutzbare
dieſer Schrift wird man bei Lippert ſelbſt, und viel-
leicht edler und einfaͤltiger finden) ſondern in man-
chen Proben ſo gezeigt waͤre, wie Demokrit die Be-
wegung demonſtrirte: naͤmlich, ich bewege mich
ſelbſt! Aber das muͤßte uns Hr. Klotz doch nicht
bereden wollen, daß bei Leſung der Dichter der An-
blick der Gemmen uns eigentlich poetiſchen Anblick
gewaͤhre. Eine Hauptfigur, eine Stellung, etwa
ein Charakter, ſo fern er ſich koͤrperlich aͤußert —
das kann die Kunſt ſchildern. Aber dem Dichter,
deſſen Blick immer aufs Ganze geht, wie der freie
Blick der Juno, der mit jedem einzelnen Bilde nur
auf die Hauptwirkung ſeiner Energie fort arbeitet:
der nicht fuͤr das Auge artige, ſpielende Figuren
und
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