Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Wäldchen.
-- Und was sind diese geheimen gewissen Mittel, die
so sehr aufs Große der Welt und Nachwelt gehen,
die keiner bisher hat wissen können -- es kommt
im Meteorenzuge: "Jst aber ein Mittel leichter,
"gewisser und edler, als wenn man ihnen behülflich
"wird, das Herz unsrer Jugend den sanften Ein-
"drücken des Schönen zu öffnen, und welches allezeit
"eine Folge von der aufrichtigen und weisen Cultur
"der Wissenschaften ist, es selbst gegen die Reize der
"Tugend fühlbarer zu machen. --" Und das ist
Alles: und wer hat dies Mittel nicht längst gewußt?
nöthig erkannt? angepriesen? Von Quintilian bis
auf unsre Quintiliane, wer hört damit etwas Neues?
und wenn es, bestimmter als Hr. Klotz gesprochen,
auf die Bildung der Kunst abzwecken soll: wer
kennt nicht auch hierüber die vortrefliche Winkel-
mannische Abhandlung? Und was hat Hr. Kl. un-
ter dem, was er geschrieben hat, und schreiben wird,
was hiebei gestellt zu werden verdiente? Und was
bleibt ihm also übrig, als sein frommer christlicher
Wunsch, und ein honigsüßes Geschwätze?

Das letzte zieht sich fort: Er lobt die heutige
Verfassung der Schulen, beklagt den Mangel an
geschickten Männern, bekennet endlich, "daß eini-
"ge vernünftige Männer das Glück gehabt (denn
"an den Siegen über Vorurtheile und Unwissenheit
"hätte das Glück einen viel größern Antheil, als
"unsre Kräfte und Arbeiten) andre zu überzeugen,
"daß der gute Geschmack -- --" Gottlob! so

ge-
M 3

Drittes Waͤldchen.
— Und was ſind dieſe geheimen gewiſſen Mittel, die
ſo ſehr aufs Große der Welt und Nachwelt gehen,
die keiner bisher hat wiſſen koͤnnen — es kommt
im Meteorenzuge: „Jſt aber ein Mittel leichter,
„gewiſſer und edler, als wenn man ihnen behuͤlflich
„wird, das Herz unſrer Jugend den ſanften Ein-
„druͤcken des Schoͤnen zu oͤffnen, und welches allezeit
„eine Folge von der aufrichtigen und weiſen Cultur
„der Wiſſenſchaften iſt, es ſelbſt gegen die Reize der
„Tugend fuͤhlbarer zu machen. —„ Und das iſt
Alles: und wer hat dies Mittel nicht laͤngſt gewußt?
noͤthig erkannt? angeprieſen? Von Quintilian bis
auf unſre Quintiliane, wer hoͤrt damit etwas Neues?
und wenn es, beſtimmter als Hr. Klotz geſprochen,
auf die Bildung der Kunſt abzwecken ſoll: wer
kennt nicht auch hieruͤber die vortrefliche Winkel-
manniſche Abhandlung? Und was hat Hr. Kl. un-
ter dem, was er geſchrieben hat, und ſchreiben wird,
was hiebei geſtellt zu werden verdiente? Und was
bleibt ihm alſo uͤbrig, als ſein frommer chriſtlicher
Wunſch, und ein honigſuͤßes Geſchwaͤtze?

Das letzte zieht ſich fort: Er lobt die heutige
Verfaſſung der Schulen, beklagt den Mangel an
geſchickten Maͤnnern, bekennet endlich, „daß eini-
„ge vernuͤnftige Maͤnner das Gluͤck gehabt (denn
„an den Siegen uͤber Vorurtheile und Unwiſſenheit
„haͤtte das Gluͤck einen viel groͤßern Antheil, als
„unſre Kraͤfte und Arbeiten) andre zu uͤberzeugen,
„daß der gute Geſchmack — —„ Gottlob! ſo

ge-
M 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0187" n="181"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Wa&#x0364;ldchen.</hi></fw><lb/>
&#x2014; Und was &#x017F;ind die&#x017F;e geheimen gewi&#x017F;&#x017F;en Mittel, die<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr aufs Große der Welt und Nachwelt gehen,<lb/>
die keiner bisher hat wi&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen &#x2014; es kommt<lb/>
im Meteorenzuge: &#x201E;J&#x017F;t aber ein Mittel leichter,<lb/>
&#x201E;gewi&#x017F;&#x017F;er und edler, als wenn man ihnen behu&#x0364;lflich<lb/>
&#x201E;wird, das Herz un&#x017F;rer Jugend den &#x017F;anften Ein-<lb/>
&#x201E;dru&#x0364;cken des Scho&#x0364;nen zu o&#x0364;ffnen, und welches allezeit<lb/>
&#x201E;eine Folge von der aufrichtigen und wei&#x017F;en Cultur<lb/>
&#x201E;der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften i&#x017F;t, es &#x017F;elb&#x017F;t gegen die Reize der<lb/>
&#x201E;Tugend fu&#x0364;hlbarer zu machen. &#x2014;&#x201E; Und das i&#x017F;t<lb/>
Alles: und wer hat dies Mittel nicht la&#x0364;ng&#x017F;t gewußt?<lb/>
no&#x0364;thig erkannt? angeprie&#x017F;en? Von Quintilian bis<lb/>
auf un&#x017F;re Quintiliane, wer ho&#x0364;rt damit etwas Neues?<lb/>
und wenn es, be&#x017F;timmter als Hr. Klotz ge&#x017F;prochen,<lb/>
auf die Bildung der Kun&#x017F;t abzwecken &#x017F;oll: wer<lb/>
kennt nicht auch hieru&#x0364;ber die vortrefliche Winkel-<lb/>
manni&#x017F;che Abhandlung? Und was hat Hr. Kl. un-<lb/>
ter dem, was er ge&#x017F;chrieben hat, und &#x017F;chreiben wird,<lb/>
was hiebei ge&#x017F;tellt zu werden verdiente? Und was<lb/>
bleibt ihm al&#x017F;o u&#x0364;brig, als &#x017F;ein frommer chri&#x017F;tlicher<lb/>
Wun&#x017F;ch, und ein honig&#x017F;u&#x0364;ßes Ge&#x017F;chwa&#x0364;tze?</p><lb/>
        <p>Das letzte zieht &#x017F;ich fort: Er lobt die heutige<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;ung der Schulen, beklagt den Mangel an<lb/>
ge&#x017F;chickten Ma&#x0364;nnern, bekennet endlich, &#x201E;daß eini-<lb/>
&#x201E;ge vernu&#x0364;nftige Ma&#x0364;nner das Glu&#x0364;ck gehabt (denn<lb/>
&#x201E;an den Siegen u&#x0364;ber Vorurtheile und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit<lb/>
&#x201E;ha&#x0364;tte das Glu&#x0364;ck einen viel gro&#x0364;ßern Antheil, als<lb/>
&#x201E;un&#x017F;re Kra&#x0364;fte und Arbeiten) andre zu u&#x0364;berzeugen,<lb/>
&#x201E;daß der gute Ge&#x017F;chmack &#x2014; &#x2014;&#x201E; Gottlob! &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0187] Drittes Waͤldchen. — Und was ſind dieſe geheimen gewiſſen Mittel, die ſo ſehr aufs Große der Welt und Nachwelt gehen, die keiner bisher hat wiſſen koͤnnen — es kommt im Meteorenzuge: „Jſt aber ein Mittel leichter, „gewiſſer und edler, als wenn man ihnen behuͤlflich „wird, das Herz unſrer Jugend den ſanften Ein- „druͤcken des Schoͤnen zu oͤffnen, und welches allezeit „eine Folge von der aufrichtigen und weiſen Cultur „der Wiſſenſchaften iſt, es ſelbſt gegen die Reize der „Tugend fuͤhlbarer zu machen. —„ Und das iſt Alles: und wer hat dies Mittel nicht laͤngſt gewußt? noͤthig erkannt? angeprieſen? Von Quintilian bis auf unſre Quintiliane, wer hoͤrt damit etwas Neues? und wenn es, beſtimmter als Hr. Klotz geſprochen, auf die Bildung der Kunſt abzwecken ſoll: wer kennt nicht auch hieruͤber die vortrefliche Winkel- manniſche Abhandlung? Und was hat Hr. Kl. un- ter dem, was er geſchrieben hat, und ſchreiben wird, was hiebei geſtellt zu werden verdiente? Und was bleibt ihm alſo uͤbrig, als ſein frommer chriſtlicher Wunſch, und ein honigſuͤßes Geſchwaͤtze? Das letzte zieht ſich fort: Er lobt die heutige Verfaſſung der Schulen, beklagt den Mangel an geſchickten Maͤnnern, bekennet endlich, „daß eini- „ge vernuͤnftige Maͤnner das Gluͤck gehabt (denn „an den Siegen uͤber Vorurtheile und Unwiſſenheit „haͤtte das Gluͤck einen viel groͤßern Antheil, als „unſre Kraͤfte und Arbeiten) andre zu uͤberzeugen, „daß der gute Geſchmack — —„ Gottlob! ſo ge- M 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/187
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/187>, abgerufen am 04.12.2024.