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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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geben, sondern, geordnet, gefeilt, und er-
leuchteter herausgegeben hätte.

"Ramler, einer der einsichtvollesten
"Kunstrichter Deutschlandes, dem -- und
"dem fast allein -- wir die feinsten Anmer-
"kungen über den Wohlklang Deutscher Ge-
"dichte zu danken haben, nahm ihn unter
"sein Feld der Beobachtung, theils im Bat-
"teux,
theils (wenn ich mich nicht irre) im
"18ten Theil der Litteraturbriefe. * Und
"diese haben hin und wieder so davon geur-
"theilt.

"Haben wir den Griechischen oder Römi-
"schen Hexameter in aller seiner Verschie-
"denheit und schönsten Harmonie? Leute soll-
"ten dies wenigstens nicht behaupten, die die
"Natur der Griechischen und Römischen Poe-
"sie und auch die Natur der unsrigen kennen
"wollen. Jene haben ein Sylbenmaas, das
"aufs genaueste bestimmet, und gleichsam aus-
"gerechnet ist, sie haben wenige Sylben, die
"lang und kurz können gebraucht werden,
"schon der Zusammenstoß zweier Consonanten

"wird
* p. 119-180.
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geben, ſondern, geordnet, gefeilt, und er-
leuchteter herausgegeben haͤtte.

Ramler, einer der einſichtvolleſten
„Kunſtrichter Deutſchlandes, dem — und
„dem faſt allein — wir die feinſten Anmer-
„kungen uͤber den Wohlklang Deutſcher Ge-
„dichte zu danken haben, nahm ihn unter
„ſein Feld der Beobachtung, theils im Bat-
„teux,
theils (wenn ich mich nicht irre) im
„18ten Theil der Litteraturbriefe. * Und
„dieſe haben hin und wieder ſo davon geur-
„theilt.

„Haben wir den Griechiſchen oder Roͤmi-
„ſchen Hexameter in aller ſeiner Verſchie-
„denheit und ſchoͤnſten Harmonie? Leute ſoll-
„ten dies wenigſtens nicht behaupten, die die
„Natur der Griechiſchen und Roͤmiſchen Poe-
„ſie und auch die Natur der unſrigen kennen
„wollen. Jene haben ein Sylbenmaas, das
„aufs genaueſte beſtimmet, und gleichſam aus-
„gerechnet iſt, ſie haben wenige Sylben, die
„lang und kurz koͤnnen gebraucht werden,
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„wird
* p. 119-180.
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[115/0119] geben, ſondern, geordnet, gefeilt, und er- leuchteter herausgegeben haͤtte. „Ramler, einer der einſichtvolleſten „Kunſtrichter Deutſchlandes, dem — und „dem faſt allein — wir die feinſten Anmer- „kungen uͤber den Wohlklang Deutſcher Ge- „dichte zu danken haben, nahm ihn unter „ſein Feld der Beobachtung, theils im Bat- „teux, theils (wenn ich mich nicht irre) im „18ten Theil der Litteraturbriefe. * Und „dieſe haben hin und wieder ſo davon geur- „theilt. „Haben wir den Griechiſchen oder Roͤmi- „ſchen Hexameter in aller ſeiner Verſchie- „denheit und ſchoͤnſten Harmonie? Leute ſoll- „ten dies wenigſtens nicht behaupten, die die „Natur der Griechiſchen und Roͤmiſchen Poe- „ſie und auch die Natur der unſrigen kennen „wollen. Jene haben ein Sylbenmaas, das „aufs genaueſte beſtimmet, und gleichſam aus- „gerechnet iſt, ſie haben wenige Sylben, die „lang und kurz koͤnnen gebraucht werden, „ſchon der Zuſammenſtoß zweier Conſonanten „wird * p. 119-180. H 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/119>, abgerufen am 21.11.2024.