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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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"das kurz gebraucht wird, beleidigt fast alle-
"zeit das Ohr. Unter allen übrigen einsyl-
"bigen Wörtern, die Partikeln und Vorwör-
"ter sind, gibts wenige lange; die meisten
"sind kurz, es sei denn, daß der Nachdruck
"der Rede einen Accent darauf legt."



Dies sind die grammatikalische Regeln,
die die Litteraturbriefe zum Bau des Hexa-
meters gegeben; ich sezze eine Philologische
Bemerkung dazu, ohne mich in die Gramma-
tik einzulassen, die blos aus dem Genie der
Sprache die Sache betrachtet.

Frägt man denn: können wir Hexameter
machen? Nein! wir haben ja schon gnug!
Frägt man: können wir welche nach der Pro-
sodie der Alten machen? Nein! denn das
können hat Uz gezeigt! Sondern ists unsrer
Sprache natürlich, Hexameter zu machen?
Und wie weit müssen wir Zwang großen
Zwecken aufopfern? Natürlich! und wie
ist das zu sehen? Entwoder aus der Natur
der Sprache, oder aus Versuchen. Aus
dem ersten Gesichtspunkt merke man:

Nach
H 5

„das kurz gebraucht wird, beleidigt faſt alle-
„zeit das Ohr. Unter allen uͤbrigen einſyl-
„bigen Woͤrtern, die Partikeln und Vorwoͤr-
„ter ſind, gibts wenige lange; die meiſten
„ſind kurz, es ſei denn, daß der Nachdruck
„der Rede einen Accent darauf legt.„



Dies ſind die grammatikaliſche Regeln,
die die Litteraturbriefe zum Bau des Hexa-
meters gegeben; ich ſezze eine Philologiſche
Bemerkung dazu, ohne mich in die Gramma-
tik einzulaſſen, die blos aus dem Genie der
Sprache die Sache betrachtet.

Fraͤgt man denn: koͤnnen wir Hexameter
machen? Nein! wir haben ja ſchon gnug!
Fraͤgt man: koͤnnen wir welche nach der Pro-
ſodie der Alten machen? Nein! denn das
koͤnnen hat Uz gezeigt! Sondern iſts unſrer
Sprache natuͤrlich, Hexameter zu machen?
Und wie weit muͤſſen wir Zwang großen
Zwecken aufopfern? Natuͤrlich! und wie
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der Sprache, oder aus Verſuchen. Aus
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Nach
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[121/0125] „das kurz gebraucht wird, beleidigt faſt alle- „zeit das Ohr. Unter allen uͤbrigen einſyl- „bigen Woͤrtern, die Partikeln und Vorwoͤr- „ter ſind, gibts wenige lange; die meiſten „ſind kurz, es ſei denn, daß der Nachdruck „der Rede einen Accent darauf legt.„ Dies ſind die grammatikaliſche Regeln, die die Litteraturbriefe zum Bau des Hexa- meters gegeben; ich ſezze eine Philologiſche Bemerkung dazu, ohne mich in die Gramma- tik einzulaſſen, die blos aus dem Genie der Sprache die Sache betrachtet. Fraͤgt man denn: koͤnnen wir Hexameter machen? Nein! wir haben ja ſchon gnug! Fraͤgt man: koͤnnen wir welche nach der Pro- ſodie der Alten machen? Nein! denn das koͤnnen hat Uz gezeigt! Sondern iſts unſrer Sprache natuͤrlich, Hexameter zu machen? Und wie weit muͤſſen wir Zwang großen Zwecken aufopfern? Natuͤrlich! und wie iſt das zu ſehen? Entwoder aus der Natur der Sprache, oder aus Verſuchen. Aus dem erſten Geſichtspunkt merke man: Nach H 5

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/125>, abgerufen am 21.11.2024.