Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.wöhnen. Die Kinder sollen desto besser re- Noch öfter rührt diese Dunkelheit her, von wohl-
woͤhnen. Die Kinder ſollen deſto beſſer re- Noch oͤfter ruͤhrt dieſe Dunkelheit her, von wohl-
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woͤhnen. Die Kinder ſollen deſto beſſer re-
den, die ſpaͤt, und ſchwer lernen, und ſolche
Dunkelheit iſt dreimal beſſer, als jenes lang-
weilige Plappern, mit vielen deutlichen Wor-
ten nichts zu ſagen. — Einem Alten iſt nun
freilich der Staar ſchwerer zu ſtechen.
Noch oͤfter ruͤhrt dieſe Dunkelheit her, von
einer Stubengelehrſamkeit, die durch den
muͤndlichen Vortrag nicht hat lebendig wer-
den koͤnnen. Durch den muͤndlichen Vor-
trag wird man deutlich: man lernt den be-
ſten Geſichtspunkt, faßlich zu ſeyn, bemerken:
ſo lernte Sokrates von ſeiner Aſpaſie Weis-
heit und Vortrag: ſo lerne es der Lehrer in
dem Kreiſe ſeiner Zuhoͤrer, wenn er ſie nicht
als Maſchinen behandeln will: ſo trete der
Gelehrte in die große Welt, um ſich ſeiner
Cathederſprache zu entwoͤhnen: er erinnere
uns nicht ſo oft, daß er vor ſeinem Schrei-
bepult ſizzet; er geſelle die Deutſche Arbeit-
ſamkeit und Genauigkeit zur Franzoͤſiſchen
Freiheit; denn wird er mehr ſeyn, als ein
Franzoͤſiſcher Abbe, mehr als ein fader Kan-
zelredner, mehr als ein Zeitungsſchreiber;
kurz! mehr als eine waſchhafte Sibylle, die
wohl-
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