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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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den, und mancher ein Hyp-Hypochondrist ist,
um ein Philosoph zu seyn. Diesem Herrn
rufen wir doch endlich zu:

Jch wußt es wohl, daß es ein - - - war.

Oder es sind wirkliche Ursachen der Dun-
kelheit, die an dem Verfasser liegen: und die-
se sind: die Dunkelheit seiner Begriffe
selbst: die kann man meistens, zehn gegen
eins, angeben, wenn auch dem Ganzen des
Werks Anlage, und der Bestimmung der
Jdeen Genauigkeit fehlt:

Cui lecta potenter erit res,
Non facundia deseret hunc, nec lucidus ordo.

Alles dies entspringt alsdenn aus einer
Quelle: man sieht den Geist des Verfassers,
in dem, wie im Chaos des Ovids noch die
Elemente der Jdeen, in einiger harmonischen
Uneinigkeit schlummern, und in einer uneini-
gen Harmonie sich zur Bildung drängen.
Jst ein solcher Schriftsteller noch ein junges
Genie, so ist es nicht zu verwundern. Es
ist ein Blinder, der noch Menschen als Bäu-
me sieht: der Kunstrichter versuche die ge-
duldige Cur, seine Augen zum Licht zu ge-

wöh-
J 5

den, und mancher ein Hyp-Hypochondriſt iſt,
um ein Philoſoph zu ſeyn. Dieſem Herrn
rufen wir doch endlich zu:

Jch wußt es wohl, daß es ein ‒ ‒ ‒ war.

Oder es ſind wirkliche Urſachen der Dun-
kelheit, die an dem Verfaſſer liegen: und die-
ſe ſind: die Dunkelheit ſeiner Begriffe
ſelbſt: die kann man meiſtens, zehn gegen
eins, angeben, wenn auch dem Ganzen des
Werks Anlage, und der Beſtimmung der
Jdeen Genauigkeit fehlt:

Cui lecta potenter erit res,
Non facundia deſeret hunc, nec lucidus ordo.

Alles dies entſpringt alsdenn aus einer
Quelle: man ſieht den Geiſt des Verfaſſers,
in dem, wie im Chaos des Ovids noch die
Elemente der Jdeen, in einiger harmoniſchen
Uneinigkeit ſchlummern, und in einer uneini-
gen Harmonie ſich zur Bildung draͤngen.
Jſt ein ſolcher Schriftſteller noch ein junges
Genie, ſo iſt es nicht zu verwundern. Es
iſt ein Blinder, der noch Menſchen als Baͤu-
me ſieht: der Kunſtrichter verſuche die ge-
duldige Cur, ſeine Augen zum Licht zu ge-

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[137/0141] den, und mancher ein Hyp-Hypochondriſt iſt, um ein Philoſoph zu ſeyn. Dieſem Herrn rufen wir doch endlich zu: Jch wußt es wohl, daß es ein ‒ ‒ ‒ war. Oder es ſind wirkliche Urſachen der Dun- kelheit, die an dem Verfaſſer liegen: und die- ſe ſind: die Dunkelheit ſeiner Begriffe ſelbſt: die kann man meiſtens, zehn gegen eins, angeben, wenn auch dem Ganzen des Werks Anlage, und der Beſtimmung der Jdeen Genauigkeit fehlt: Cui lecta potenter erit res, Non facundia deſeret hunc, nec lucidus ordo. Alles dies entſpringt alsdenn aus einer Quelle: man ſieht den Geiſt des Verfaſſers, in dem, wie im Chaos des Ovids noch die Elemente der Jdeen, in einiger harmoniſchen Uneinigkeit ſchlummern, und in einer uneini- gen Harmonie ſich zur Bildung draͤngen. Jſt ein ſolcher Schriftſteller noch ein junges Genie, ſo iſt es nicht zu verwundern. Es iſt ein Blinder, der noch Menſchen als Baͤu- me ſieht: der Kunſtrichter verſuche die ge- duldige Cur, ſeine Augen zum Licht zu ge- woͤh- J 5

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/141>, abgerufen am 24.11.2024.