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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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ebenfalls denkenden, gelehrten, und beredten
Theologen vergleiche; es ist kein andrer, als
Acken. Wenn ich die Predigten dieses Man-
nes, als erbauliche Abhandlungen ansehe:
so verbinden sie Philosophische Genauigkeit,
Deutschen Nachdruck, und Griechische Schön-
heiten mit einander bis zu den kleinsten Thei-
len: zu lesen sind sie vielleicht die besten
Deutschen Predigten, die die meisten Fran-
zosen an Gründlichkeit, die Engländer an fei-
nen Verzierungen, und seine Landsleute an
nachdrücklicher Kürze in dieser Art von Schrif-
ten hinter sich lassen. Darüber wundere ich
mich also nicht, daß sie wider ihr Verdienst
unbekannt geblieben; denn sie sind ja keine
Postillen, und keine blendende Sermons;
aber darüber wundere ich mich, wie dieser
Deutsche Chrysostom in seinem Pathmos sich
so hat verirren können, um vom Ursprung
der Opfer auf eine so mystische Art zu
schreiben:

Infert se tectus nebula. Mirabile dictu!

6. Sokrates führte die Weltweisheit
unter die Menschen; hier ist der Philosophi-

sche

ebenfalls denkenden, gelehrten, und beredten
Theologen vergleiche; es iſt kein andrer, als
Acken. Wenn ich die Predigten dieſes Man-
nes, als erbauliche Abhandlungen anſehe:
ſo verbinden ſie Philoſophiſche Genauigkeit,
Deutſchen Nachdruck, und Griechiſche Schoͤn-
heiten mit einander bis zu den kleinſten Thei-
len: zu leſen ſind ſie vielleicht die beſten
Deutſchen Predigten, die die meiſten Fran-
zoſen an Gruͤndlichkeit, die Englaͤnder an fei-
nen Verzierungen, und ſeine Landsleute an
nachdruͤcklicher Kuͤrze in dieſer Art von Schrif-
ten hinter ſich laſſen. Daruͤber wundere ich
mich alſo nicht, daß ſie wider ihr Verdienſt
unbekannt geblieben; denn ſie ſind ja keine
Poſtillen, und keine blendende Sermons;
aber daruͤber wundere ich mich, wie dieſer
Deutſche Chryſoſtom in ſeinem Pathmos ſich
ſo hat verirren koͤnnen, um vom Urſprung
der Opfer auf eine ſo myſtiſche Art zu
ſchreiben:

Infert ſe tectus nebula. Mirabile dictu!

6. Sokrates fuͤhrte die Weltweisheit
unter die Menſchen; hier iſt der Philoſophi-

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[154/0158] ebenfalls denkenden, gelehrten, und beredten Theologen vergleiche; es iſt kein andrer, als Acken. Wenn ich die Predigten dieſes Man- nes, als erbauliche Abhandlungen anſehe: ſo verbinden ſie Philoſophiſche Genauigkeit, Deutſchen Nachdruck, und Griechiſche Schoͤn- heiten mit einander bis zu den kleinſten Thei- len: zu leſen ſind ſie vielleicht die beſten Deutſchen Predigten, die die meiſten Fran- zoſen an Gruͤndlichkeit, die Englaͤnder an fei- nen Verzierungen, und ſeine Landsleute an nachdruͤcklicher Kuͤrze in dieſer Art von Schrif- ten hinter ſich laſſen. Daruͤber wundere ich mich alſo nicht, daß ſie wider ihr Verdienſt unbekannt geblieben; denn ſie ſind ja keine Poſtillen, und keine blendende Sermons; aber daruͤber wundere ich mich, wie dieſer Deutſche Chryſoſtom in ſeinem Pathmos ſich ſo hat verirren koͤnnen, um vom Urſprung der Opfer auf eine ſo myſtiſche Art zu ſchreiben: Infert ſe tectus nebula. Mirabile dictu! 6. Sokrates fuͤhrte die Weltweisheit unter die Menſchen; hier iſt der Philoſophi- ſche

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/158>, abgerufen am 24.11.2024.