Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.sie stammlet, singet, spricht, schreibet, und spä-
ſie ſtammlet, ſinget, ſpricht, ſchreibet, und ſpaͤ-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0175" n="171"/> ſie ſtammlet, ſinget, ſpricht, ſchreibet, und<lb/> nicht mehr ſpricht, ſondern allein ſchreibt.<lb/> Und hierauf gruͤndet ſich mein Fragment von<lb/> den Zeitaltern, und den Graͤnzen der Nach-<lb/> ahmung alter Sprachen. (Fragm. 2. und<lb/> 8.) Jezt ſezze ich folgende wahre Beobachtung<lb/><hi rendition="#fr">Samuel Johnſons</hi> dazu: „Es giebt Wor-<lb/> „te, deren Sinn allzufein iſt, als daß man ihn<lb/> „mit Worten ſollte faſſen, und in eine Umſchrei-<lb/> „bung bringen koͤnnen. Das ſind diejenigen<lb/> „Worte, welche die Sprachlehrer <hi rendition="#aq">particulas<lb/> „expletivas,</hi> oder ausfuͤllende Woͤrter nennen.<lb/> „Jn todten Sprachen uͤberſieht man ſie als<lb/> „leere Toͤne; als Toͤne, die zu anders<lb/> „nichts dienen, als einen Vers auszufuͤllen,<lb/> „oder einen Perioden wohlklingender zu ma-<lb/> „chen. Aber in lebenden Sprachen wird<lb/> „man bald inne, daß dergleichen Woͤrter<lb/> „mehr, als ausfuͤllende Woͤrter ſind, daß<lb/> „ſie Kraft und Leben haben, ob man gleich<lb/> „ihren Nachdruck mit andern Worten nicht<lb/> „ausdrucken kann.„ Dies wird jedem bei<lb/> dem Leſen <hi rendition="#fr">Homers</hi> unzaͤhliche mal bei-<lb/> fallen; wenige Fuͤllwoͤrter, aber deſto oͤfter<lb/> und kraͤftiger: die ſpaͤtern Dichter mehr; die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſpaͤ-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0175]
ſie ſtammlet, ſinget, ſpricht, ſchreibet, und
nicht mehr ſpricht, ſondern allein ſchreibt.
Und hierauf gruͤndet ſich mein Fragment von
den Zeitaltern, und den Graͤnzen der Nach-
ahmung alter Sprachen. (Fragm. 2. und
8.) Jezt ſezze ich folgende wahre Beobachtung
Samuel Johnſons dazu: „Es giebt Wor-
„te, deren Sinn allzufein iſt, als daß man ihn
„mit Worten ſollte faſſen, und in eine Umſchrei-
„bung bringen koͤnnen. Das ſind diejenigen
„Worte, welche die Sprachlehrer particulas
„expletivas, oder ausfuͤllende Woͤrter nennen.
„Jn todten Sprachen uͤberſieht man ſie als
„leere Toͤne; als Toͤne, die zu anders
„nichts dienen, als einen Vers auszufuͤllen,
„oder einen Perioden wohlklingender zu ma-
„chen. Aber in lebenden Sprachen wird
„man bald inne, daß dergleichen Woͤrter
„mehr, als ausfuͤllende Woͤrter ſind, daß
„ſie Kraft und Leben haben, ob man gleich
„ihren Nachdruck mit andern Worten nicht
„ausdrucken kann.„ Dies wird jedem bei
dem Leſen Homers unzaͤhliche mal bei-
fallen; wenige Fuͤllwoͤrter, aber deſto oͤfter
und kraͤftiger: die ſpaͤtern Dichter mehr; die
ſpaͤ-
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