Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.dorfte nicht aus Attica kommen, und war War-
dorfte nicht aus Attica kommen, und war War-
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dorfte nicht aus Attica kommen, und war
blos der Lohn der Sieger am Panathenaͤiſchen
Feſte. Ja da die Lacedaͤmonier einſt alles
verwuͤſteten: ſo ließ die Goͤttin es nicht zu,
daß dieſe fremde Barbaren ihre Haͤnde an die-
ſen heiligen Hain legten. Eben ſo ſind die
Jdiotismen Schoͤnheiten, die uns kein Nach-
bar durch eine Ueberſezzung entwenden kann,
und die der Schuzgoͤttin der Sprache heilig
ſind: Schoͤnheiten in das Genie der Sprache
eingewebt, die man zerſtoͤrt, wenn man ſie
austrennet: Reize, die durch die Sprache,
wie der Buſen der Phryne durch einen ſeid-
nen Nebel, durch das Waſſergewand der al-
ten Statuen, das ſich an die Haut anſchmie-
get, durchſchimmern. Wober lieben die
Britten ſo ſehr das Launiſche in ihrer Schreib-
art? Weil dieſe Laune unuͤberſezzbar und ein
heiliger Jdiotisme iſt. Warum haben Sha-
keſpear und Hudibras: Swift und
Fielding ſich ſo ſehr das Gefuͤhl ihrer Na-
tion zu eigen gemacht? Weil ſie die Fund-
gruben ihrer Sprache durchforſchet, und ih-
ren Humour mit Jdiotismen, jeden nach
ſeiner Art und ſeinem Maas, gepaart haben.
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