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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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mischen Geschichte der Litteratur einem Mann
von Philologie, Geschichtkänntniß und Ge-
schmack empfehlen, der Metamorphose genau
nachzuspüren, die im Griechischen die Worte:
aner, anthropos, agathos, kalos, philo-
kalos, kalokagathos, kakos, epikheiraga-
thos: im Lateinischen: vir, homo, bonus
und melior und optimus, honestus, pulcher
und liberalis, strenuus und dergleichen Na-
tionalnamen erlitten haben, die die Ehre oder
Schande ihres Zeitalters waren, und sich
mit demselben änderten -- So lernt man
Völker kennen, und nuzzen.

Jch will es hier nicht untersuchen, wie weit
einige Schweizer z. E. Wieland, Jselin,
Wegelin, Mably,
uns wirklich Griechen
zeichnen; * wenn sie ihre Erziehung und Po-
litik uns anpreisen. Beinahe vom Diogenes
dem Laertier an, findet man in den Griechen,
was man in ihnen finden will: verschönerte
Gesichter, unerträgliche Jdole, halb Jdeal, halb
Griechisch, halb nach neuerer Form. Freilich
Konnen wir den Griechen vieles ablernen; freilich

sie
* Litter. Br. Th. 1. p. 44. 50.

miſchen Geſchichte der Litteratur einem Mann
von Philologie, Geſchichtkaͤnntniß und Ge-
ſchmack empfehlen, der Metamorphoſe genau
nachzuſpuͤren, die im Griechiſchen die Worte:
ανηρ, ανϑρωπος, αγαϑος, καλος, φιλο-
καλος, καλοκᾳγαϑος, κακος, επιχειραγα-
ϑος: im Lateiniſchen: vir, homo, bonus
und melior und optimus, honeſtus, pulcher
und liberalis, ſtrenuus und dergleichen Na-
tionalnamen erlitten haben, die die Ehre oder
Schande ihres Zeitalters waren, und ſich
mit demſelben aͤnderten — So lernt man
Voͤlker kennen, und nuzzen.

Jch will es hier nicht unterſuchen, wie weit
einige Schweizer z. E. Wieland, Jſelin,
Wegelin, Mably,
uns wirklich Griechen
zeichnen; * wenn ſie ihre Erziehung und Po-
litik uns anpreiſen. Beinahe vom Diogenes
dem Laertier an, findet man in den Griechen,
was man in ihnen finden will: verſchoͤnerte
Geſichter, unertraͤgliche Jdole, halb Jdeal, halb
Griechiſch, halb nach neuerer Form. Freilich
Ko̊nnen wir den Griechen vieles ablernen; freilich

ſie
* Litter. Br. Th. 1. p. 44. 50.
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[296/0128] miſchen Geſchichte der Litteratur einem Mann von Philologie, Geſchichtkaͤnntniß und Ge- ſchmack empfehlen, der Metamorphoſe genau nachzuſpuͤren, die im Griechiſchen die Worte: ανηρ, ανϑρωπος, αγαϑος, καλος, φιλο- καλος, καλοκᾳγαϑος, κακος, επιχειραγα- ϑος: im Lateiniſchen: vir, homo, bonus und melior und optimus, honeſtus, pulcher und liberalis, ſtrenuus und dergleichen Na- tionalnamen erlitten haben, die die Ehre oder Schande ihres Zeitalters waren, und ſich mit demſelben aͤnderten — So lernt man Voͤlker kennen, und nuzzen. Jch will es hier nicht unterſuchen, wie weit einige Schweizer z. E. Wieland, Jſelin, Wegelin, Mably, uns wirklich Griechen zeichnen; * wenn ſie ihre Erziehung und Po- litik uns anpreiſen. Beinahe vom Diogenes dem Laertier an, findet man in den Griechen, was man in ihnen finden will: verſchoͤnerte Geſichter, unertraͤgliche Jdole, halb Jdeal, halb Griechiſch, halb nach neuerer Form. Freilich Ko̊nnen wir den Griechen vieles ablernen; freilich ſie * Litter. Br. Th. 1. p. 44. 50.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/128>, abgerufen am 04.12.2024.