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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.

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teln. Die Poetischen Gemälde aus der
heiligen Geschichte
* verlieren in diesem
Betracht immer viel von dem ungeheuren Bei-
fall, den ihnen einige gegeben: indessen ziehen
sie sich unter Poetische Empfindungen zurück,
und als solche mag ich sie nicht betrachten.

Singen wir überdem Occidentalische Ge-
genstände, und mit Tönen dem Morgenlande
entwandt: so wird ein solch Gemisch daraus,
als jeder in Horazens Bilde auslachet --
Und doch lachen wenige, wenn der Jordan
und Hermon, und Cherubs u. d. gl. neben
dem Rhein und dem Harz stehen: wenn
sich die Orientalischen Tiger mit unsern
Lämmern gatten. -- "Wir können Ver-
"gleichungen
mit diesen Gegenständen aller-
"dings untzen!" Wir können Bilder borgen,
um sie für uns anzuwenden, aber uns nicht
durchgängig ihnen überlassen, nicht in dieser
fremden Bildersprache durchgängig reden:
nicht sie mit der unsern ungeschickt vermi-
schen: nicht uns den Glanz der Mittagssonne
rauben, um den Schein einer Lampe zu genies-
sen; oder diese gar in das Sonnenlicht tragen.

Käme
* Th. 6. p. 247.

teln. Die Poetiſchen Gemaͤlde aus der
heiligen Geſchichte
* verlieren in dieſem
Betracht immer viel von dem ungeheuren Bei-
fall, den ihnen einige gegeben: indeſſen ziehen
ſie ſich unter Poetiſche Empfindungen zuruͤck,
und als ſolche mag ich ſie nicht betrachten.

Singen wir uͤberdem Occidentaliſche Ge-
genſtaͤnde, und mit Toͤnen dem Morgenlande
entwandt: ſo wird ein ſolch Gemiſch daraus,
als jeder in Horazens Bilde auslachet —
Und doch lachen wenige, wenn der Jordan
und Hermon, und Cherubs u. d. gl. neben
dem Rhein und dem Harz ſtehen: wenn
ſich die Orientaliſchen Tiger mit unſern
Laͤmmern gatten. — „Wir koͤnnen Ver-
„gleichungen
mit dieſen Gegenſtaͤnden aller-
„dings untzen!„ Wir koͤnnen Bilder borgen,
um ſie fuͤr uns anzuwenden, aber uns nicht
durchgaͤngig ihnen uͤberlaſſen, nicht in dieſer
fremden Bilderſprache durchgaͤngig reden:
nicht ſie mit der unſern ungeſchickt vermi-
ſchen: nicht uns den Glanz der Mittagsſonne
rauben, um den Schein einer Lampe zu genieſ-
ſen; oder dieſe gar in das Sonnenlicht tragen.

Kaͤme
* Th. 6. p. 247.
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[211/0043] teln. Die Poetiſchen Gemaͤlde aus der heiligen Geſchichte * verlieren in dieſem Betracht immer viel von dem ungeheuren Bei- fall, den ihnen einige gegeben: indeſſen ziehen ſie ſich unter Poetiſche Empfindungen zuruͤck, und als ſolche mag ich ſie nicht betrachten. Singen wir uͤberdem Occidentaliſche Ge- genſtaͤnde, und mit Toͤnen dem Morgenlande entwandt: ſo wird ein ſolch Gemiſch daraus, als jeder in Horazens Bilde auslachet — Und doch lachen wenige, wenn der Jordan und Hermon, und Cherubs u. d. gl. neben dem Rhein und dem Harz ſtehen: wenn ſich die Orientaliſchen Tiger mit unſern Laͤmmern gatten. — „Wir koͤnnen Ver- „gleichungen mit dieſen Gegenſtaͤnden aller- „dings untzen!„ Wir koͤnnen Bilder borgen, um ſie fuͤr uns anzuwenden, aber uns nicht durchgaͤngig ihnen uͤberlaſſen, nicht in dieſer fremden Bilderſprache durchgaͤngig reden: nicht ſie mit der unſern ungeſchickt vermi- ſchen: nicht uns den Glanz der Mittagsſonne rauben, um den Schein einer Lampe zu genieſ- ſen; oder dieſe gar in das Sonnenlicht tragen. Kaͤme * Th. 6. p. 247.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur02_1767/43>, abgerufen am 21.11.2024.