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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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Die Gedanken wohl, aber denken zu lernen,
wird diese technische Verbindung blos zu ei-
nem Werkzeuge.

Klebt der Gedanke am Wort bildlich, wie
in der Mathematik das Wort Quadrat im
Anschauen seiner Figur? Noch weniger! denn
grammatische Auflösungen eines Worts
sind selten der Art, daß sie die Begriffe uns
eben damit vorbilden: weder wie sie entstan-
den sind, noch wie sie zusammen ein Ganzes
bilden. -- Nun wende ich an:



11.

1. Wir haben durch die Sprache denken ge-
lernt: sie ist also ein Schatz von Begriffen,
die sinnlich klar an den Worten kleben, und
vom gemeinen Verstande nie getrennet wer-
den. Nun kömmt die Weltweisheit, um
die Beschaffenheit der Dinge zu erforschen;
das ist, sie macht die in der gemeinen Spra-
che gegebenen Worte deutlich, und mit ihnen
werden die Gedanken entwickelt. Wenn also
eine philosophische Methode unsrer Erziehung

und

Die Gedanken wohl, aber denken zu lernen,
wird dieſe techniſche Verbindung blos zu ei-
nem Werkzeuge.

Klebt der Gedanke am Wort bildlich, wie
in der Mathematik das Wort Quadrat im
Anſchauen ſeiner Figur? Noch weniger! denn
grammatiſche Aufloͤſungen eines Worts
ſind ſelten der Art, daß ſie die Begriffe uns
eben damit vorbilden: weder wie ſie entſtan-
den ſind, noch wie ſie zuſammen ein Ganzes
bilden. — Nun wende ich an:



11.

1. Wir haben durch die Sprache denken ge-
lernt: ſie iſt alſo ein Schatz von Begriffen,
die ſinnlich klar an den Worten kleben, und
vom gemeinen Verſtande nie getrennet wer-
den. Nun koͤmmt die Weltweisheit, um
die Beſchaffenheit der Dinge zu erforſchen;
das iſt, ſie macht die in der gemeinen Spra-
che gegebenen Worte deutlich, und mit ihnen
werden die Gedanken entwickelt. Wenn alſo
eine philoſophiſche Methode unſrer Erziehung

und
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[107/0115] Die Gedanken wohl, aber denken zu lernen, wird dieſe techniſche Verbindung blos zu ei- nem Werkzeuge. Klebt der Gedanke am Wort bildlich, wie in der Mathematik das Wort Quadrat im Anſchauen ſeiner Figur? Noch weniger! denn grammatiſche Aufloͤſungen eines Worts ſind ſelten der Art, daß ſie die Begriffe uns eben damit vorbilden: weder wie ſie entſtan- den ſind, noch wie ſie zuſammen ein Ganzes bilden. — Nun wende ich an: 11. 1. Wir haben durch die Sprache denken ge- lernt: ſie iſt alſo ein Schatz von Begriffen, die ſinnlich klar an den Worten kleben, und vom gemeinen Verſtande nie getrennet wer- den. Nun koͤmmt die Weltweisheit, um die Beſchaffenheit der Dinge zu erforſchen; das iſt, ſie macht die in der gemeinen Spra- che gegebenen Worte deutlich, und mit ihnen werden die Gedanken entwickelt. Wenn alſo eine philoſophiſche Methode unſrer Erziehung und

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/115>, abgerufen am 21.11.2024.