und Bildung analogisch seyn soll: so nimmt sie die Gegenstände, die wir schon durch Hülfe der Worte sinnlich klar kennen, sezzt die be- kanntesten Jdeen auseinander, die in ihnen liegen, jeder begreifen und niemand läugnen kann, steigt zu denen immer feinern, bis sie endlich zur Definition kömmt: jetzt erken- nen wir in dem Begriffe jeden Theilbegriff, und da wir vorher blos unterschieden, so fern wir mit dem Wort einen klaren Begriff ver- banden: so erkennen wir jetzt den Unterschied, weil wir uns der Merkmaale bewußt sind, die beide Sachen unterschieden.
Die wahre und einzige Methode der Phi- losophie ist also die analytische: diese muß nothwendig die Begriffe des gesunden Ver- standes zum Grunde legen, und von hier sich zu Höhen der abstrahirenden Vernunft erhe- ben. Alle wahrhaftig philosophischen Be- griffe sind dem Weltweisen gegeben; er kann sie also nicht in einem Verstande nehmen, wie er will, und willkührliche Worterklärungen von Raum, Zeit, Geist, Tugend u. s. w. voraussetzen, oder er öffnet die Quelle zu allen Wortgezänken. Sie sind ihm sinnlich klar
gege-
und Bildung analogiſch ſeyn ſoll: ſo nimmt ſie die Gegenſtaͤnde, die wir ſchon durch Huͤlfe der Worte ſinnlich klar kennen, ſezzt die be- kannteſten Jdeen auseinander, die in ihnen liegen, jeder begreifen und niemand laͤugnen kann, ſteigt zu denen immer feinern, bis ſie endlich zur Definition koͤmmt: jetzt erken- nen wir in dem Begriffe jeden Theilbegriff, und da wir vorher blos unterſchieden, ſo fern wir mit dem Wort einen klaren Begriff ver- banden: ſo erkennen wir jetzt den Unterſchied, weil wir uns der Merkmaale bewußt ſind, die beide Sachen unterſchieden.
Die wahre und einzige Methode der Phi- loſophie iſt alſo die analytiſche: dieſe muß nothwendig die Begriffe des geſunden Ver- ſtandes zum Grunde legen, und von hier ſich zu Hoͤhen der abſtrahirenden Vernunft erhe- ben. Alle wahrhaftig philoſophiſchen Be- griffe ſind dem Weltweiſen gegeben; er kann ſie alſo nicht in einem Verſtande nehmen, wie er will, und willkuͤhrliche Worterklaͤrungen von Raum, Zeit, Geiſt, Tugend u. ſ. w. vorausſetzen, oder er oͤffnet die Quelle zu allen Wortgezaͤnken. Sie ſind ihm ſinnlich klar
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und Bildung analogiſch ſeyn ſoll: ſo nimmt
ſie die Gegenſtaͤnde, die wir ſchon durch Huͤlfe
der Worte ſinnlich klar kennen, ſezzt die be-
kannteſten Jdeen auseinander, die in ihnen
liegen, jeder begreifen und niemand laͤugnen
kann, ſteigt zu denen immer feinern, bis ſie
endlich zur Definition koͤmmt: jetzt erken-
nen wir in dem Begriffe jeden Theilbegriff,
und da wir vorher blos unterſchieden, ſo fern
wir mit dem Wort einen klaren Begriff ver-
banden: ſo erkennen wir jetzt den Unterſchied,
weil wir uns der Merkmaale bewußt ſind,
die beide Sachen unterſchieden.
Die wahre und einzige Methode der Phi-
loſophie iſt alſo die analytiſche: dieſe muß
nothwendig die Begriffe des geſunden Ver-
ſtandes zum Grunde legen, und von hier ſich
zu Hoͤhen der abſtrahirenden Vernunft erhe-
ben. Alle wahrhaftig philoſophiſchen Be-
griffe ſind dem Weltweiſen gegeben; er kann
ſie alſo nicht in einem Verſtande nehmen, wie
er will, und willkuͤhrliche Worterklaͤrungen
von Raum, Zeit, Geiſt, Tugend u. ſ. w.
vorausſetzen, oder er oͤffnet die Quelle zu allen
Wortgezaͤnken. Sie ſind ihm ſinnlich klar
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/116>, abgerufen am 21.11.2024.
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