Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.nicht so gut ins Spiel gebracht wird, werden Die meisten Dichter scheinen den Begriff bear- * Alles dies dachte ich auch bei der Mad. Klopstock hinterlassenen Schriften; und demohngeachtet träumte ich sie so angenehm durch, weil überall das Gewand des Außer- ordentlichen und Empfindungsvollen mich auf- merksam machte: ich las sie, nicht wie ein Jüngling an der Brautkammer der Verliebten lauscht, sondern wie ein Fremder, der als Freund in das Haus eines Ehepaares geführt wird, das er aus Hochachtung zu sehen wünschte. Wie verschieden ist das Denkmal, das ein K. und ein Gottsched seiner Gattinn aufrichtet. ** So wie man auch den Begriff der Ode, wie
ich glaube, immer zu sehr einschränkt. nicht ſo gut ins Spiel gebracht wird, werden Die meiſten Dichter ſcheinen den Begriff bear- * Alles dies dachte ich auch bei der Mad. Klopſtock hinterlaſſenen Schriften; und demohngeachtet traͤumte ich ſie ſo angenehm durch, weil uͤberall das Gewand des Außer- ordentlichen und Empfindungsvollen mich auf- merkſam machte: ich las ſie, nicht wie ein Juͤngling an der Brautkammer der Verliebten lauſcht, ſondern wie ein Fremder, der als Freund in das Haus eines Ehepaares gefuͤhrt wird, das er aus Hochachtung zu ſehen wuͤnſchte. Wie verſchieden iſt das Denkmal, das ein K. und ein Gottſched ſeiner Gattinn aufrichtet. ** So wie man auch den Begriff der Ode, wie
ich glaube, immer zu ſehr einſchraͤnkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0230" n="222"/> nicht ſo gut ins Spiel gebracht wird, werden<lb/> vielleicht gar daruͤber aufgebracht, wenigſtens<lb/> des Leſens uͤberdruͤßig, weil der Verſtand bei<lb/> der Erforſchung der Urſach und ihrer Ver-<lb/> bindung mit den Wirkungen gar nichts zu<lb/> ſchaffen hat <note place="foot" n="*">Alles dies dachte ich auch bei der <hi rendition="#fr">Mad.<lb/> Klopſtock hinterlaſſenen Schriften;</hi> und<lb/> demohngeachtet traͤumte ich ſie ſo angenehm<lb/> durch, weil uͤberall das Gewand des Außer-<lb/> ordentlichen und Empfindungsvollen mich auf-<lb/> merkſam machte: ich las ſie, nicht wie ein<lb/> Juͤngling an der Brautkammer der Verliebten<lb/> lauſcht, ſondern wie ein Fremder, der als<lb/> Freund in das Haus eines Ehepaares gefuͤhrt<lb/> wird, das er aus Hochachtung zu ſehen wuͤnſchte.<lb/> Wie verſchieden iſt das Denkmal, das ein K.<lb/> und ein Gottſched ſeiner Gattinn aufrichtet.</note>.</p><lb/> <p>Die meiſten Dichter ſcheinen den Begriff<lb/> der Elegien allzuſehr eingeſchraͤnkt zu haben <note place="foot" n="**">So wie man auch den Begriff der Ode, wie<lb/> ich glaube, immer zu ſehr einſchraͤnkt.</note>.<lb/> Man koͤnnte ſie uͤberhaupt erklaͤren, als die<lb/><hi rendition="#fr">ſinnlich vollkommene Beſchreibung unſrer<lb/> vermiſchten Empfindungen.</hi> Was ſie mit<lb/> andern Gedichten gemein hat, iſt das ſinnlich<lb/> vollkommene: der Gegenſtand nur, den ſie<lb/> <fw place="bottom" type="catch">bear-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [222/0230]
nicht ſo gut ins Spiel gebracht wird, werden
vielleicht gar daruͤber aufgebracht, wenigſtens
des Leſens uͤberdruͤßig, weil der Verſtand bei
der Erforſchung der Urſach und ihrer Ver-
bindung mit den Wirkungen gar nichts zu
ſchaffen hat *.
Die meiſten Dichter ſcheinen den Begriff
der Elegien allzuſehr eingeſchraͤnkt zu haben **.
Man koͤnnte ſie uͤberhaupt erklaͤren, als die
ſinnlich vollkommene Beſchreibung unſrer
vermiſchten Empfindungen. Was ſie mit
andern Gedichten gemein hat, iſt das ſinnlich
vollkommene: der Gegenſtand nur, den ſie
bear-
* Alles dies dachte ich auch bei der Mad.
Klopſtock hinterlaſſenen Schriften; und
demohngeachtet traͤumte ich ſie ſo angenehm
durch, weil uͤberall das Gewand des Außer-
ordentlichen und Empfindungsvollen mich auf-
merkſam machte: ich las ſie, nicht wie ein
Juͤngling an der Brautkammer der Verliebten
lauſcht, ſondern wie ein Fremder, der als
Freund in das Haus eines Ehepaares gefuͤhrt
wird, das er aus Hochachtung zu ſehen wuͤnſchte.
Wie verſchieden iſt das Denkmal, das ein K.
und ein Gottſched ſeiner Gattinn aufrichtet.
** So wie man auch den Begriff der Ode, wie
ich glaube, immer zu ſehr einſchraͤnkt.
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