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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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er des Vergnügens, das ihm die Mäßigung
desselben darreicht *.

Wenn
* Daß Elegien über den Zustand der Men-
schen
überhaupt, möglich sind - wer wird
das läugnen, der es zugibt, daß es leider! zu
viel Uebel gibt, welche die Menschheit drü-
cken und Klagen erpressen können -- Aber
daß diese Klagen nicht so ost in Elegien zer-
fließen, daß eine so allgemeine und philoso-
phische Elegie so ungebraucht ist -- woher
mag dies kommen? Wenn ich recht rathe, so
bestimme ich zugleich diese Art der Elegien
besser, oder vielmehr, ich schränke sie ein!
Zuerst: Betrachtungen über das Elend des
ganzen menschlichen Zustandes gränzen zu sehr
in das Gebiet des philosophischen Gedichts,
um blos Elegie zu werden. Das Elend des
ganzen menschlichen Geschlechts liegt blos im
Einzeln
vor uns: klagen wir über diese ein-
zelnen
Fußstapfen: so ists nicht mehr die
Elegie über das allgemeine Elend, die der
Verf. vorzeichnet. Soll diese letztere würklich
werden: so ists beinahe unmöglich, "zu klagen,
"ohne daß man untersucht, wo die Ursachen
"dazu liegen." Der allgemeine Gegenstand
kann nicht anders in unsrer Seele lebendig
werden, als durch ein abgezognes Bild.
Dieses kann sich uns nicht ganz darstellen, ohne
daß
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er des Vergnuͤgens, das ihm die Maͤßigung
deſſelben darreicht *.

Wenn
* Daß Elegien uͤber den Zuſtand der Men-
ſchen
uͤberhaupt, moͤglich ſind – wer wird
das laͤugnen, der es zugibt, daß es leider! zu
viel Uebel gibt, welche die Menſchheit druͤ-
cken und Klagen erpreſſen koͤnnen — Aber
daß dieſe Klagen nicht ſo oſt in Elegien zer-
fließen, daß eine ſo allgemeine und philoſo-
phiſche Elegie ſo ungebraucht iſt — woher
mag dies kommen? Wenn ich recht rathe, ſo
beſtimme ich zugleich dieſe Art der Elegien
beſſer, oder vielmehr, ich ſchraͤnke ſie ein!
Zuerſt: Betrachtungen uͤber das Elend des
ganzen menſchlichen Zuſtandes graͤnzen zu ſehr
in das Gebiet des philoſophiſchen Gedichts,
um blos Elegie zu werden. Das Elend des
ganzen menſchlichen Geſchlechts liegt blos im
Einzeln
vor uns: klagen wir uͤber dieſe ein-
zelnen
Fußſtapfen: ſo iſts nicht mehr die
Elegie uͤber das allgemeine Elend, die der
Verf. vorzeichnet. Soll dieſe letztere wuͤrklich
werden: ſo iſts beinahe unmoͤglich, „zu klagen,
„ohne daß man unterſucht, wo die Urſachen
„dazu liegen.„ Der allgemeine Gegenſtand
kann nicht anders in unſrer Seele lebendig
werden, als durch ein abgezognes Bild.
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[227/0235] er des Vergnuͤgens, das ihm die Maͤßigung deſſelben darreicht *. Wenn * Daß Elegien uͤber den Zuſtand der Men- ſchen uͤberhaupt, moͤglich ſind – wer wird das laͤugnen, der es zugibt, daß es leider! zu viel Uebel gibt, welche die Menſchheit druͤ- cken und Klagen erpreſſen koͤnnen — Aber daß dieſe Klagen nicht ſo oſt in Elegien zer- fließen, daß eine ſo allgemeine und philoſo- phiſche Elegie ſo ungebraucht iſt — woher mag dies kommen? Wenn ich recht rathe, ſo beſtimme ich zugleich dieſe Art der Elegien beſſer, oder vielmehr, ich ſchraͤnke ſie ein! Zuerſt: Betrachtungen uͤber das Elend des ganzen menſchlichen Zuſtandes graͤnzen zu ſehr in das Gebiet des philoſophiſchen Gedichts, um blos Elegie zu werden. Das Elend des ganzen menſchlichen Geſchlechts liegt blos im Einzeln vor uns: klagen wir uͤber dieſe ein- zelnen Fußſtapfen: ſo iſts nicht mehr die Elegie uͤber das allgemeine Elend, die der Verf. vorzeichnet. Soll dieſe letztere wuͤrklich werden: ſo iſts beinahe unmoͤglich, „zu klagen, „ohne daß man unterſucht, wo die Urſachen „dazu liegen.„ Der allgemeine Gegenſtand kann nicht anders in unſrer Seele lebendig werden, als durch ein abgezognes Bild. Dieſes kann ſich uns nicht ganz darſtellen, ohne daß P 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/235>, abgerufen am 21.11.2024.