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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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Worte und mechanischen Styl zu lernen gibt:
so bald die Methode eines Lehrers oder die
Materie der vorgegebenen Uebungen, auch
nur zum Hauptzweck hat, die Wahl und
Stellung der Worte Grammatisch genau ein-
zuprägen: und wenn so gar in dem ganzen
Plan
einer Schule oder einer Unterweisung
ein gewisser lateinischer Geist herrscht, der
auf der andern Seite die grösten Mängel nach
sich ziehen muß: so opfert man der lateini-
schen Sprache, sie sey so schön und nützlich,
als sie wolle, zu viel auf *.

Zu viel von Seiten der Jugend. Es ist
gewiß, daß das Gedächtniß unsrer blühenden
Jahre allein fähig ist, Sprachen in ihrem gan-
zen Umfange zu erlernen; und daß man die-
se Zeit also, die zu den nothwendigen Sprachen

die
* Wer von unsern Philologen ist ein Geßner,
an Känntniß und Liebhaberei der Römer;
und wie sehr er den lateinischen Geist in un-
sern Schulen hasset, das mögen seine kleine
Deutsche Schriften
beweisen: das macht
aber, Geßner war nicht blos ein römischer
Philolog: er war ein Schulmann, der
wahre Unterweisung kannte.

Worte und mechaniſchen Styl zu lernen gibt:
ſo bald die Methode eines Lehrers oder die
Materie der vorgegebenen Uebungen, auch
nur zum Hauptzweck hat, die Wahl und
Stellung der Worte Grammatiſch genau ein-
zupraͤgen: und wenn ſo gar in dem ganzen
Plan
einer Schule oder einer Unterweiſung
ein gewiſſer lateiniſcher Geiſt herrſcht, der
auf der andern Seite die groͤſten Maͤngel nach
ſich ziehen muß: ſo opfert man der lateini-
ſchen Sprache, ſie ſey ſo ſchoͤn und nuͤtzlich,
als ſie wolle, zu viel auf *.

Zu viel von Seiten der Jugend. Es iſt
gewiß, daß das Gedaͤchtniß unſrer bluͤhenden
Jahre allein faͤhig iſt, Sprachen in ihrem gan-
zen Umfange zu erlernen; und daß man die-
ſe Zeit alſo, die zu den nothwendigen Sprachen

die
* Wer von unſern Philologen iſt ein Geßner,
an Kaͤnntniß und Liebhaberei der Roͤmer;
und wie ſehr er den lateiniſchen Geiſt in un-
ſern Schulen haſſet, das moͤgen ſeine kleine
Deutſche Schriften
beweiſen: das macht
aber, Geßner war nicht blos ein roͤmiſcher
Philolog: er war ein Schulmann, der
wahre Unterweiſung kannte.
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[36/0044] Worte und mechaniſchen Styl zu lernen gibt: ſo bald die Methode eines Lehrers oder die Materie der vorgegebenen Uebungen, auch nur zum Hauptzweck hat, die Wahl und Stellung der Worte Grammatiſch genau ein- zupraͤgen: und wenn ſo gar in dem ganzen Plan einer Schule oder einer Unterweiſung ein gewiſſer lateiniſcher Geiſt herrſcht, der auf der andern Seite die groͤſten Maͤngel nach ſich ziehen muß: ſo opfert man der lateini- ſchen Sprache, ſie ſey ſo ſchoͤn und nuͤtzlich, als ſie wolle, zu viel auf *. Zu viel von Seiten der Jugend. Es iſt gewiß, daß das Gedaͤchtniß unſrer bluͤhenden Jahre allein faͤhig iſt, Sprachen in ihrem gan- zen Umfange zu erlernen; und daß man die- ſe Zeit alſo, die zu den nothwendigen Sprachen die * Wer von unſern Philologen iſt ein Geßner, an Kaͤnntniß und Liebhaberei der Roͤmer; und wie ſehr er den lateiniſchen Geiſt in un- ſern Schulen haſſet, das moͤgen ſeine kleine Deutſche Schriften beweiſen: das macht aber, Geßner war nicht blos ein roͤmiſcher Philolog: er war ein Schulmann, der wahre Unterweiſung kannte.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/44>, abgerufen am 21.11.2024.