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[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

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derbarste Art angegriffen, nur meist eine allge-
meine Philosophie der Menschheit,
ein Ko-
dex
der Vernunft, der Humanität -- was,
weiß ich mehr? werden sollte: die Sache war
ohne Zweifel blendender als nützlich. Aller-
dings liessen sich damit alle "Gemeinsätze des
"Rechten und Guten, Maximen der Men-
"schenliebe
und Weisheit, Aussichten aus al-
"len Zeiten und Völkern für alle Zeiten, und
"Völker erschöpfen" -- für alle Zeiten und
Völker? -- und also leider! eben nicht für
das Volk, dem dies Gesetzbuch aufgenommen
seyn soll, als sein Kleid. So allgemeines Ab-
geschöpfte ists nicht auch Schaum vielleicht,
der in der Luft aller Zeiten und Völker zer-
fließt?
und wie anders für die Adern und Seh-
nen seines Volks Nahrung bereiten, daß sie
ihm Herz stärke, und Mark und Bein er-
frische!

Zwischen jeden Allgemeingesagten, wenn auch
der schönsten Wahrheit -- und ihrer minde-
sten
Anwendung ist Kluft; Und Anwendung
am einzigen rechten Orte? zu den rechten
Zwecken?
auf die einzige beste Weise? -- der
Solon eines Dorfs, der würklich nur eine
böse Gewohnheit
abgebracht, nur einen Strom

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derbarſte Art angegriffen, nur meiſt eine allge-
meine Philoſophie der Menſchheit,
ein Ko-
dex
der Vernunft, der Humanitaͤt — was,
weiß ich mehr? werden ſollte: die Sache war
ohne Zweifel blendender als nuͤtzlich. Aller-
dings lieſſen ſich damit alle „Gemeinſaͤtze des
Rechten und Guten, Maximen der Men-
„ſchenliebe
und Weisheit, Ausſichten aus al-
„len Zeiten und Voͤlkern fuͤr alle Zeiten, und
Voͤlker erſchoͤpfen„ — fuͤr alle Zeiten und
Voͤlker? — und alſo leider! eben nicht fuͤr
das Volk, dem dies Geſetzbuch aufgenommen
ſeyn ſoll, als ſein Kleid. So allgemeines Ab-
geſchoͤpfte iſts nicht auch Schaum vielleicht,
der in der Luft aller Zeiten und Voͤlker zer-
fließt?
und wie anders fuͤr die Adern und Seh-
nen ſeines Volks Nahrung bereiten, daß ſie
ihm Herz ſtaͤrke, und Mark und Bein er-
friſche!

Zwiſchen jeden Allgemeingeſagten, wenn auch
der ſchoͤnſten Wahrheit — und ihrer minde-
ſten
Anwendung iſt Kluft; Und Anwendung
am einzigen rechten Orte? zu den rechten
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auf die einzige beſte Weiſe? — der
Solon eines Dorfs, der wuͤrklich nur eine
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[112/0116] derbarſte Art angegriffen, nur meiſt eine allge- meine Philoſophie der Menſchheit, ein Ko- dex der Vernunft, der Humanitaͤt — was, weiß ich mehr? werden ſollte: die Sache war ohne Zweifel blendender als nuͤtzlich. Aller- dings lieſſen ſich damit alle „Gemeinſaͤtze des „Rechten und Guten, Maximen der Men- „ſchenliebe und Weisheit, Ausſichten aus al- „len Zeiten und Voͤlkern fuͤr alle Zeiten, und „Voͤlker erſchoͤpfen„ — fuͤr alle Zeiten und Voͤlker? — und alſo leider! eben nicht fuͤr das Volk, dem dies Geſetzbuch aufgenommen ſeyn ſoll, als ſein Kleid. So allgemeines Ab- geſchoͤpfte iſts nicht auch Schaum vielleicht, der in der Luft aller Zeiten und Voͤlker zer- fließt? und wie anders fuͤr die Adern und Seh- nen ſeines Volks Nahrung bereiten, daß ſie ihm Herz ſtaͤrke, und Mark und Bein er- friſche! Zwiſchen jeden Allgemeingeſagten, wenn auch der ſchoͤnſten Wahrheit — und ihrer minde- ſten Anwendung iſt Kluft; Und Anwendung am einzigen rechten Orte? zu den rechten Zwecken? auf die einzige beſte Weiſe? — der Solon eines Dorfs, der wuͤrklich nur eine boͤſe Gewohnheit abgebracht, nur einen Strom menſch-

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/116>, abgerufen am 21.11.2024.