[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.sinn mit den schwärzesten Teufelsgestalten deines Jahrhunderts, Betrügerey und Dummheit, Aberglaub' und Sklaverey, brandmarken, dir ein Heer von Priesterteu- feln und Tyrannengespenstern erdichten willt, die nur in deiner Seele existiren! wie tausend- mal mehr thörigt, wenn du einem Kinde dei- nen philosophischen Deismus, deine ästhe- tische Tugend und Ehre, deine allgemeine Völkerliebe voll toleranter Unterjochung, Aussaugung und Aufklärung nach hohem Geschmack deiner Zeit großmüthig gönnen wolltest! Einem Kinde? O du das ärgste, thörichtste Kind! und raubtest ihm damit seine beßre Neigungen, die Seligkeit und Grund- veste seiner Natur; machtest es, wenn dir der unsinnige Plan gelänge, zum unerträglichsten Dinge in der Welt -- einem Greise von drey Jahren. Unser Jahrhundert hat sich den Namen: phien
ſinn mit den ſchwaͤrzeſten Teufelsgeſtalten deines Jahrhunderts, Betruͤgerey und Dummheit, Aberglaub’ und Sklaverey, brandmarken, dir ein Heer von Prieſterteu- feln und Tyrannengeſpenſtern erdichten willt, die nur in deiner Seele exiſtiren! wie tauſend- mal mehr thoͤrigt, wenn du einem Kinde dei- nen philoſophiſchen Deismus, deine aͤſthe- tiſche Tugend und Ehre, deine allgemeine Voͤlkerliebe voll toleranter Unterjochung, Ausſaugung und Aufklaͤrung nach hohem Geſchmack deiner Zeit großmuͤthig goͤnnen wollteſt! Einem Kinde? O du das aͤrgſte, thoͤrichtſte Kind! und raubteſt ihm damit ſeine beßre Neigungen, die Seligkeit und Grund- veſte ſeiner Natur; machteſt es, wenn dir der unſinnige Plan gelaͤnge, zum unertraͤglichſten Dinge in der Welt — einem Greiſe von drey Jahren. Unſer Jahrhundert hat ſich den Namen: phien
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Ehrfurcht, dieſen Enthuſiasmus und Kindes-
ſinn mit den ſchwaͤrzeſten Teufelsgeſtalten
deines Jahrhunderts, Betruͤgerey und
Dummheit, Aberglaub’ und Sklaverey,
brandmarken, dir ein Heer von Prieſterteu-
feln und Tyrannengeſpenſtern erdichten willt,
die nur in deiner Seele exiſtiren! wie tauſend-
mal mehr thoͤrigt, wenn du einem Kinde dei-
nen philoſophiſchen Deismus, deine aͤſthe-
tiſche Tugend und Ehre, deine allgemeine
Voͤlkerliebe voll toleranter Unterjochung,
Ausſaugung und Aufklaͤrung nach hohem
Geſchmack deiner Zeit großmuͤthig goͤnnen
wollteſt! Einem Kinde? O du das aͤrgſte,
thoͤrichtſte Kind! und raubteſt ihm damit ſeine
beßre Neigungen, die Seligkeit und Grund-
veſte ſeiner Natur; machteſt es, wenn dir der
unſinnige Plan gelaͤnge, zum unertraͤglichſten
Dinge in der Welt — einem Greiſe von
drey Jahren.
Unſer Jahrhundert hat ſich den Namen:
Philoſophie! mit Scheidewaſſer vor die Stirn
gezeichnet, das tief in den Kopf ſeine Kraft zu
aͤußern ſcheint — ich habe alſo den Seiten-
blick dieſer philoſophiſchen Kritik der aͤlteſten
Zeiten, vor der jetzt bekanntlich alle Philoſo-
phien
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