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[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

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den zu formen: selbst das Bild der Glückse-
ligkeit wandelt mit jedem Zustande und Him-
melsstriche -- (denn was ist dies je anders
als die Summe von Wunschbefriedigungen,
"Zweckerreichungen
und sanftem Uberwin-
"den
der Bedürfnisse," die sich doch alle
nach Land, Zeit und Ort gestalten?) im
Grunde also wird alle Vergleichung mißlich.
So bald sich der innerliche sinn der Glück-
seligkeit, die Neigung verändert hat: so bald
die äußern Gelegenheiten und Bedürfnisse
den andern
Sinn bilden und befestigen --
wer kann die verschiedene Befriedigung ver-
schiedner
Sinne in verschiednen Welten ver-
gleichen? den Hirten und Vater des Orients,
den Ackermann und Künstler, den Schiffer,
Wettläufer, Ueberwinder der Welt -- wer
vergleichen? Jm Lorbeerkranze, oder am An-
blicke der gesegneten Heerde,
am Waaren-
schiffe
und erbenteten Feldzeichen liegt nichts --
aber an der Seele, die das brauchte, dar-
nach strebte, das nun erreicht hat, und nichts
anders als das erreichen wollte -- jede Na-
tion hat ihren Mittelpunkt der Glückselig-
keit in sich, wie jede Kugel ihren Schwer-
punkt!

Gut



den zu formen: ſelbſt das Bild der Gluͤckſe-
ligkeit wandelt mit jedem Zuſtande und Him-
melsſtriche — (denn was iſt dies je anders
als die Summe von Wunſchbefriedigungen,
„Zweckerreichungen
und ſanftem Uberwin-
„den
der Beduͤrfniſſe,„ die ſich doch alle
nach Land, Zeit und Ort geſtalten?) im
Grunde alſo wird alle Vergleichung mißlich.
So bald ſich der innerliche ſinn der Gluͤck-
ſeligkeit, die Neigung veraͤndert hat: ſo bald
die aͤußern Gelegenheiten und Beduͤrfniſſe
den andern
Sinn bilden und befeſtigen
wer kann die verſchiedene Befriedigung ver-
ſchiedner
Sinne in verſchiednen Welten ver-
gleichen? den Hirten und Vater des Orients,
den Ackermann und Kuͤnſtler, den Schiffer,
Wettlaͤufer, Ueberwinder der Welt — wer
vergleichen? Jm Lorbeerkranze, oder am An-
blicke der geſegneten Heerde,
am Waaren-
ſchiffe
und erbenteten Feldzeichen liegt nichts —
aber an der Seele, die das brauchte, dar-
nach ſtrebte, das nun erreicht hat, und nichts
anders als das erreichen wollte — jede Na-
tion hat ihren Mittelpunkt der Gluͤckſelig-
keit in ſich, wie jede Kugel ihren Schwer-
punkt!

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[56/0060] den zu formen: ſelbſt das Bild der Gluͤckſe- ligkeit wandelt mit jedem Zuſtande und Him- melsſtriche — (denn was iſt dies je anders als die Summe von Wunſchbefriedigungen, „Zweckerreichungen und ſanftem Uberwin- „den der Beduͤrfniſſe,„ die ſich doch alle nach Land, Zeit und Ort geſtalten?) im Grunde alſo wird alle Vergleichung mißlich. So bald ſich der innerliche ſinn der Gluͤck- ſeligkeit, die Neigung veraͤndert hat: ſo bald die aͤußern Gelegenheiten und Beduͤrfniſſe den andern Sinn bilden und befeſtigen — wer kann die verſchiedene Befriedigung ver- ſchiedner Sinne in verſchiednen Welten ver- gleichen? den Hirten und Vater des Orients, den Ackermann und Kuͤnſtler, den Schiffer, Wettlaͤufer, Ueberwinder der Welt — wer vergleichen? Jm Lorbeerkranze, oder am An- blicke der geſegneten Heerde, am Waaren- ſchiffe und erbenteten Feldzeichen liegt nichts — aber an der Seele, die das brauchte, dar- nach ſtrebte, das nun erreicht hat, und nichts anders als das erreichen wollte — jede Na- tion hat ihren Mittelpunkt der Gluͤckſelig- keit in ſich, wie jede Kugel ihren Schwer- punkt! Gut

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Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/60>, abgerufen am 21.11.2024.