Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774.

Bild:
<< vorherige Seite



Abentheur und Galanterie, Tyranney und
Edelmuth; bands zu dem Ganzen, das uns
jetzt -- zwischen Römern und uns -- als Ge-
spenst als romantisches Abentheuer dasteht,
einst wars Natur, war -- Wahrheit.

Man hat diesen Geist" der nordischen Rit-
terehre"
mit den heroischen Zeiten der Grie-
chen
verglichenl) -- und freylich Punkte der
Vergleichung gefunden -- Aber an sich bleibt
er in der Reihe aller Jahrhunderte dünkt mich,
Einzig! -- nur sich selbst gleich! Man hat
ihn, weil er, zwischen Romern und Uns --
quanti viri! -- Uns! steht, so schrecklich ver-
spottet;
Andre, von etwas abentheurlichem
Gehirne haben ihn so hoch über alles erho-
ben
-- mich dünkt, er ist nichts mehr und min-
der, als "einzelner Zustand der Welt!"
keinen der vorigen zu vergleichen, wie sie mit
Vorzügen und Nachtheilen: auf sie gegrün-
det, selbst in ewiger Veränderung und Fort-
strebung -- ins Große.

Die dunkeln Seiten dieses Zeitraums ftehn
in allen Büchern: jeder klassische Schönden-

ker
l) Hurd lettr. on chivalery.



Abentheur und Galanterie, Tyranney und
Edelmuth; bands zu dem Ganzen, das uns
jetzt — zwiſchen Roͤmern und uns — als Ge-
ſpenſt als romantiſches Abentheuer daſteht,
einſt wars Natur, war — Wahrheit.

Man hat dieſen Geiſt„ der nordiſchen Rit-
terehre„
mit den heroiſchen Zeiten der Grie-
chen
verglichenl) — und freylich Punkte der
Vergleichung gefunden — Aber an ſich bleibt
er in der Reihe aller Jahrhunderte duͤnkt mich,
Einzig! — nur ſich ſelbſt gleich! Man hat
ihn, weil er, zwiſchen Romern und Uns —
quanti viri! — Uns! ſteht, ſo ſchrecklich ver-
ſpottet;
Andre, von etwas abentheurlichem
Gehirne haben ihn ſo hoch uͤber alles erho-
ben
— mich duͤnkt, er iſt nichts mehr und min-
der, als „einzelner Zuſtand der Welt!„
keinen der vorigen zu vergleichen, wie ſie mit
Vorzuͤgen und Nachtheilen: auf ſie gegruͤn-
det, ſelbſt in ewiger Veraͤnderung und Fort-
ſtrebung — ins Große.

Die dunkeln Seiten dieſes Zeitraums ftehn
in allen Buͤchern: jeder klaſſiſche Schoͤnden-

ker
l) Hurd lettr. on chivalery.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0084" n="80"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw><hi rendition="#b">Abentheur</hi> und <hi rendition="#b">Galanterie, Tyranney</hi> und<lb/><hi rendition="#b">Edelmuth;</hi> bands zu dem Ganzen, das uns<lb/>
jetzt &#x2014; zwi&#x017F;chen Ro&#x0364;mern und uns &#x2014; als Ge-<lb/>
&#x017F;pen&#x017F;t als romanti&#x017F;ches Abentheuer da&#x017F;teht,<lb/>
ein&#x017F;t wars Natur, war &#x2014; <hi rendition="#b">Wahrheit.</hi></p><lb/>
          <p>Man hat die&#x017F;en Gei&#x017F;t&#x201E; der nordi&#x017F;chen <hi rendition="#b">Rit-<lb/>
terehre&#x201E;</hi> mit den <hi rendition="#b">heroi&#x017F;chen</hi> Zeiten der <hi rendition="#b">Grie-<lb/>
chen</hi> verglichen<note place="foot" n="l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Hurd lettr. on chivalery.</hi></hi></note> &#x2014; und freylich Punkte der<lb/>
Vergleichung gefunden &#x2014; Aber an &#x017F;ich bleibt<lb/>
er in der Reihe aller Jahrhunderte du&#x0364;nkt mich,<lb/><hi rendition="#b">Einzig! &#x2014; nur &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gleich!</hi> Man hat<lb/>
ihn, weil er, zwi&#x017F;chen Romern und Uns &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">quanti viri!</hi> &#x2014; Uns! &#x017F;teht, &#x017F;o &#x017F;chrecklich <hi rendition="#b">ver-<lb/>
&#x017F;pottet;</hi> Andre, von etwas abentheurlichem<lb/>
Gehirne haben ihn &#x017F;o hoch u&#x0364;ber alles <hi rendition="#b">erho-<lb/>
ben</hi> &#x2014; mich du&#x0364;nkt, er i&#x017F;t nichts mehr und min-<lb/>
der, als <hi rendition="#b">&#x201E;einzelner Zu&#x017F;tand der Welt!&#x201E;</hi><lb/>
keinen der vorigen zu vergleichen, wie &#x017F;ie mit<lb/><hi rendition="#b">Vorzu&#x0364;gen</hi> und <hi rendition="#b">Nachtheilen:</hi> auf &#x017F;ie gegru&#x0364;n-<lb/>
det, &#x017F;elb&#x017F;t in ewiger Vera&#x0364;nderung und Fort-<lb/>
&#x017F;trebung &#x2014; <hi rendition="#b">ins Große.</hi></p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#b">dunkeln</hi> Seiten die&#x017F;es Zeitraums ftehn<lb/>
in allen Bu&#x0364;chern: jeder kla&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Scho&#x0364;nden-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ker</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0084] Abentheur und Galanterie, Tyranney und Edelmuth; bands zu dem Ganzen, das uns jetzt — zwiſchen Roͤmern und uns — als Ge- ſpenſt als romantiſches Abentheuer daſteht, einſt wars Natur, war — Wahrheit. Man hat dieſen Geiſt„ der nordiſchen Rit- terehre„ mit den heroiſchen Zeiten der Grie- chen verglichen l) — und freylich Punkte der Vergleichung gefunden — Aber an ſich bleibt er in der Reihe aller Jahrhunderte duͤnkt mich, Einzig! — nur ſich ſelbſt gleich! Man hat ihn, weil er, zwiſchen Romern und Uns — quanti viri! — Uns! ſteht, ſo ſchrecklich ver- ſpottet; Andre, von etwas abentheurlichem Gehirne haben ihn ſo hoch uͤber alles erho- ben — mich duͤnkt, er iſt nichts mehr und min- der, als „einzelner Zuſtand der Welt!„ keinen der vorigen zu vergleichen, wie ſie mit Vorzuͤgen und Nachtheilen: auf ſie gegruͤn- det, ſelbſt in ewiger Veraͤnderung und Fort- ſtrebung — ins Große. Die dunkeln Seiten dieſes Zeitraums ftehn in allen Buͤchern: jeder klaſſiſche Schoͤnden- ker l) Hurd lettr. on chivalery.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/84
Zitationshilfe: [Herder, Johann Gottfried von]: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. [Riga], 1774, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_philosophie_1774/84>, abgerufen am 09.05.2024.