[Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778.die Griechen konnten wohl auf ein Grabmahl Wie
die Griechen konnten wohl auf ein Grabmahl Wie
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die Griechen konnten wohl auf ein Grabmahl
Pſyche und Amor, halb als Allegorie (ſie waren
aber mehr als ſolche, ſie waren Geſchichte) ſtellen
und ließen das ſchoͤne Paar, jetzt in neuer Be-
kanntſchaft, ſich ſchweſterlich kuͤſſen und umar-
men. Jſt irgend ein Ort, da man einen her-
abgeſunknen Engel erwartet, ſo iſts am Grabe,
uͤber der lieben Aſche unſrer Todten, wo Alles
ſo ſtill iſt, wo kein Laut aus jener Welt hin-
uͤbertoͤnet und wo wir doch ſo gern mehr als Aſche
faͤnden. Hier iſt alſo auch wohl eine weinende
oder troͤſtende Tugend zu ertragen, wenn ſie,
ihres Namens werth, nur als ein weiblicher
Engel daſteht. Kann der Verſtorbne oder die
Verſtorbne ſelbſt in oder neben ihr gebildet wer-
den, wie wirs erwarten, ſo iſts freilich um ſo
beſſer. Koͤnnen wuͤrkliche Kinder, eine Ge-
liebte, ein Weib daneben gebildet werden, ſo
kehrt fuͤr Kunſt und Denkmahl Wahrheit in die
Zuͤge, und alſo beſſer. — Aber wehe, wenn
dieſe Grabengel, die man der Menſchlichkeit,
als Denkmahl der Liebe und milde Gabe zuließ,
nun Hauptwerk der Kunſt werden ſollen und
gar gelehrte Abſtraktionen und Allegorien, wie
Geſpenſter, alles verſcheuchen! Jſts ſodenn
nicht offenbares Zeichen der groͤßten Duͤrftig-
keit und Armuth, daß man nichts als ſolche
habe? oder nur ſolche zu bilden vermoͤge?
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