[Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778.musten. Als der Körper unsrer Hand vorkam, Daß dem so sei, sehen wir in Fällen, wo wur-
muſten. Als der Koͤrper unſrer Hand vorkam, Daß dem ſo ſei, ſehen wir in Faͤllen, wo wur-
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muſten. Als der Koͤrper unſrer Hand vorkam,
ward zugleich das Bild deſſelben in unſer Auge
geworfen: die Seele verband beide, und die Jdee
des ſchnellen Sehens laͤuft nachher dem Begriff
des langſamen Taſtens vor. Wir glauben zu
ſehen, wo wir nur fuͤhlen und fuͤhlen ſollten; wir
ſehen endlich ſo viel und ſo ſchnell, daß wir nichts
mehr fuͤhlen, und fuͤhlen koͤnnen, da doch dieſer
Sinn unaufhoͤrlich die Grundveſte und der Ge-
waͤhrsmann des vorigen ſeyn muß. Jn allen die-
ſen Faͤllen iſt das Geſicht nur eine verkuͤrzte
Formel des Gefuͤhls. Die volle Form iſt
Figur, die Bildſaͤule ein flacher Kupferſtich
worden. Jm Geſicht iſt Traum, im Gefuͤhl
Wahrheit.
Daß dem ſo ſei, ſehen wir in Faͤllen, wo
ſich beide Sinne ſcheiden und ein neu Medium
oder eine neue Formel eintritt, nach der ſie ſich
gatten ſollten. Wenn der Stab im Waſſer gebro-
chen ſcheint und man greift darnach an unrechter
Stelle; ſo iſt wohl hier von keinem Truge der
Sinnen die Frage: denn nach einem Stralen-
bilde, als ſolchem, muß ich nicht greifen. Was
ich alſo ſah, war wahr, wuͤrkliches Bild auf wuͤrk-
licher Flaͤche; nur, wornach ich griff, war nicht
wahr: denn wer wird nach einem Bilde auf einer
Flaͤche faſſen? — Weil nun aber unſer Geſicht
und Gefuͤhl, als Schweſtern, zuſammen erzogen
wur-
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