[Herder, Johann Gottfried von]: Plastik. Riga u. a., 1778.Schönheit hat von Schauen, von Schein Es ist nicht zu läugnen, daß von dieser Höhe Jndessen hätten wir mit ihr nicht alles, am glei- B
Schoͤnheit hat von Schauen, von Schein Es iſt nicht zu laͤugnen, daß von dieſer Hoͤhe Jndeſſen haͤtten wir mit ihr nicht alles, am glei- B
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Schoͤnheit hat von Schauen, von Schein
den Namen, und am leichteſten wird ſie auch
durchs Schauen, durch ſchoͤnen Schein erkannt
und geſchaͤtzet. Nichts iſt ſchneller, klaͤrer, uͤber-
leuchtender als Sonnenſtral und unſer Auge auf
ſeinen Fluͤgeln: eine Welt außer und neben ein-
ander wird ihm auf Einen Blick offenbar. Und
da dieſe Welt nicht wie Schall voruͤbergeht, ſon-
dern bleibt und gleichſam ſelbſt zur Beſchauung
einladet, da der feine Sonnenſtral ſo ſchoͤn faͤrbt
und ſo deutlich zeiget; was Wunder, daß unſre
Seelenlehre am liebſten von dieſem Sinne Namen
borget? Jhr Erkennen iſt Sehen, ihr beſtes
Angenehme Schoͤnheit.
Es iſt nicht zu laͤugnen, daß von dieſer Hoͤhe
nicht Viel ſollte uͤberſehen und Vieles des Vielen
ſehr klar, licht und deutlich gemacht werden koͤn-
nen. Das Geſicht iſt der kuͤnſtlichſte, philoſo-
phiſchte Sinn. Es wird durch die feinſten Ue-
bungen, Schluͤſſe, Vergleichungen gefeilt und be-
richtigt, es ſchneidet mit einem Sonnenſtrale.
Haͤtten wir alſo auch nur aus dieſem Sinne eine
rechte Phaͤnomenologie des Schoͤnen und Wah-
ren: ſo haͤtten wir viel. —
Jndeſſen haͤtten wir mit ihr nicht alles, am
wenigſten das Gruͤndlichſte, Einfachſte, Erſte.
Der Sinn des Geſichts wuͤrkt flach, er ſpielt und
glei-
B
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