[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.III. Aus Hütten einzig kommt das Heil der Welt, Im härnen Mantel predigt der Prophete -- So ward auch Blei, und nicht das Gold, bestellt, Daß tausendzüngig jede Wahrheit rede. Ein böser Geist der Tiefe haust im Gold, Es ist ein Knecht und gibt sich gern in Sold; Wie Porzia, faßt das Beste man in Blei, Und reimt man drauf, so reimt man immer: Frei! Das schwere Blei wird in des Meisters Hand Der Elfengeister luftiges Gewand; Er läßt es nicht als Todeskugel fliegen, Er führet es als Wort von Sieg zu Siegen, Und wo die beste Waffe fehlt von Erz, Da trifft ein Wort des rechten Mannes Herz; Es zittert nicht vor des Tyrannen Miene -- Was will die Flocke gegen die Lawine? Kein Censor fällt der Wahrheit in die Zügel, Er hat nur Federn, doch die Wahrheit Flügel. III. Aus Hütten einzig kommt das Heil der Welt, Im härnen Mantel predigt der Prophete — So ward auch Blei, und nicht das Gold, beſtellt, Daß tauſendzüngig jede Wahrheit rede. Ein böſer Geiſt der Tiefe hauſt im Gold, Es iſt ein Knecht und gibt ſich gern in Sold; Wie Porzia, faßt das Beſte man in Blei, Und reimt man drauf, ſo reimt man immer: Frei! Das ſchwere Blei wird in des Meiſters Hand Der Elfengeiſter luftiges Gewand; Er läßt es nicht als Todeskugel fliegen, Er führet es als Wort von Sieg zu Siegen, Und wo die beſte Waffe fehlt von Erz, Da trifft ein Wort des rechten Mannes Herz; Es zittert nicht vor des Tyrannen Miene — Was will die Flocke gegen die Lawine? Kein Cenſor fällt der Wahrheit in die Zügel, Er hat nur Federn, doch die Wahrheit Flügel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0053" n="47"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Aus Hütten einzig kommt das Heil der Welt,</l><lb/> <l>Im härnen Mantel predigt der Prophete —</l><lb/> <l>So ward auch Blei, und nicht das Gold, beſtellt,</l><lb/> <l>Daß tauſendzüngig jede Wahrheit rede.</l><lb/> <l>Ein böſer Geiſt der Tiefe hauſt im Gold,</l><lb/> <l>Es iſt ein Knecht und gibt ſich gern in Sold;</l><lb/> <l>Wie Porzia, faßt das Beſte man in Blei,</l><lb/> <l>Und reimt man drauf, ſo reimt man immer: Frei!</l><lb/> <l>Das ſchwere Blei wird in des Meiſters Hand</l><lb/> <l>Der Elfengeiſter luftiges Gewand;</l><lb/> <l>Er läßt es nicht als Todeskugel fliegen,</l><lb/> <l>Er führet es als Wort von Sieg zu Siegen,</l><lb/> <l>Und wo die beſte Waffe fehlt von Erz,</l><lb/> <l>Da trifft ein Wort des rechten Mannes Herz;</l><lb/> <l>Es zittert nicht vor des Tyrannen Miene —</l><lb/> <l>Was will die Flocke gegen die Lawine?</l><lb/> <l>Kein Cenſor fällt der Wahrheit in die Zügel,</l><lb/> <l>Er hat nur Federn, doch die Wahrheit Flügel.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0053]
III.
Aus Hütten einzig kommt das Heil der Welt,
Im härnen Mantel predigt der Prophete —
So ward auch Blei, und nicht das Gold, beſtellt,
Daß tauſendzüngig jede Wahrheit rede.
Ein böſer Geiſt der Tiefe hauſt im Gold,
Es iſt ein Knecht und gibt ſich gern in Sold;
Wie Porzia, faßt das Beſte man in Blei,
Und reimt man drauf, ſo reimt man immer: Frei!
Das ſchwere Blei wird in des Meiſters Hand
Der Elfengeiſter luftiges Gewand;
Er läßt es nicht als Todeskugel fliegen,
Er führet es als Wort von Sieg zu Siegen,
Und wo die beſte Waffe fehlt von Erz,
Da trifft ein Wort des rechten Mannes Herz;
Es zittert nicht vor des Tyrannen Miene —
Was will die Flocke gegen die Lawine?
Kein Cenſor fällt der Wahrheit in die Zügel,
Er hat nur Federn, doch die Wahrheit Flügel.
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/53>, abgerufen am 16.07.2024. |