[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.Was gibt es wohl, das unverdorben bliebe, Wo jene schwere Luft des Dünkels weht? Zum Hasse wird im Herzen dort die Liebe, Vergiftet auf der Lippe das Gebet! Kein Stern so schön, daß er nicht bald zerstiebe, Wenn er am Ordenssternenhimmel geht! Und Alles um ein Weib? Soll ich es glauben? Ein Weib darf Dich Dir selbst -- doch uns nicht rauben! Darf man den Tempel um ein Weib entweih'n? Mit einem Weib um goldne Götzen tanzen? Du willst nicht mehr so frei sein, frei zu sein? Dein Schwert als Kreuzlein auf die Brust Dir pflanzen? Ich such' den Dichter nur in unsern Reihn -- Leb' wohl! Leb' wohl! Ich laß Dich Deinen Schranzen! Schon hör' ich Dich: "Herz, Herz -- nicht mehr so warm! Wir geh'n zu Hofe -- Gräfin -- Ihren Arm!" Was gibt es wohl, das unverdorben bliebe, Wo jene ſchwere Luft des Dünkels weht? Zum Haſſe wird im Herzen dort die Liebe, Vergiftet auf der Lippe das Gebet! Kein Stern ſo ſchön, daß er nicht bald zerſtiebe, Wenn er am Ordensſternenhimmel geht! Und Alles um ein Weib? Soll ich es glauben? Ein Weib darf Dich Dir ſelbſt — doch uns nicht rauben! Darf man den Tempel um ein Weib entweih'n? Mit einem Weib um goldne Götzen tanzen? Du willſt nicht mehr ſo frei ſein, frei zu ſein? Dein Schwert als Kreuzlein auf die Bruſt Dir pflanzen? Ich ſuch' den Dichter nur in unſern Reihn — Leb' wohl! Leb' wohl! Ich laß Dich Deinen Schranzen! Schon hör' ich Dich: „Herz, Herz — nicht mehr ſo warm! Wir geh'n zu Hofe — Gräfin — Ihren Arm!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0094" n="88"/> <lg n="4"> <l>Was gibt es wohl, das unverdorben bliebe,</l><lb/> <l>Wo jene ſchwere Luft des Dünkels weht?</l><lb/> <l>Zum Haſſe wird im Herzen dort die Liebe,</l><lb/> <l>Vergiftet auf der Lippe das Gebet!</l><lb/> <l>Kein Stern ſo ſchön, daß er nicht bald zerſtiebe,</l><lb/> <l>Wenn er am Ordensſternenhimmel geht!</l><lb/> <l>Und Alles um ein Weib? Soll ich es glauben?</l><lb/> <l>Ein Weib darf Dich Dir ſelbſt — doch <hi rendition="#b">uns</hi> nicht rauben!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Darf man den Tempel um ein Weib entweih'n?</l><lb/> <l>Mit einem Weib um goldne Götzen tanzen?</l><lb/> <l>Du willſt nicht mehr ſo frei ſein, frei zu ſein?</l><lb/> <l>Dein Schwert als Kreuzlein auf die Bruſt Dir pflanzen?</l><lb/> <l>Ich ſuch' den Dichter nur in <hi rendition="#b">unſern</hi> Reihn —</l><lb/> <l>Leb' wohl! Leb' wohl! Ich laß Dich Deinen Schranzen!</l><lb/> <l>Schon hör' ich Dich: „Herz, Herz — nicht mehr ſo warm!</l><lb/> <l>Wir geh'n zu Hofe — Gräfin — Ihren Arm!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [88/0094]
Was gibt es wohl, das unverdorben bliebe,
Wo jene ſchwere Luft des Dünkels weht?
Zum Haſſe wird im Herzen dort die Liebe,
Vergiftet auf der Lippe das Gebet!
Kein Stern ſo ſchön, daß er nicht bald zerſtiebe,
Wenn er am Ordensſternenhimmel geht!
Und Alles um ein Weib? Soll ich es glauben?
Ein Weib darf Dich Dir ſelbſt — doch uns nicht rauben!
Darf man den Tempel um ein Weib entweih'n?
Mit einem Weib um goldne Götzen tanzen?
Du willſt nicht mehr ſo frei ſein, frei zu ſein?
Dein Schwert als Kreuzlein auf die Bruſt Dir pflanzen?
Ich ſuch' den Dichter nur in unſern Reihn —
Leb' wohl! Leb' wohl! Ich laß Dich Deinen Schranzen!
Schon hör' ich Dich: „Herz, Herz — nicht mehr ſo warm!
Wir geh'n zu Hofe — Gräfin — Ihren Arm!“
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Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/94>, abgerufen am 16.07.2024. |