Heymann, Lida Gustava: Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern? Gautzsch b. Leipzig, 1911.ihnen wesentlich Rechte zu, die sie sich längst erobert und im Besitz Es ist zu bedauern, daß die Frauen ihrer Drohung die Tat nicht In welcher Art die Parteiarbeit seitens der weiblichen Mitglieder ihnen wesentlich Rechte zu, die sie sich längst erobert und im Besitz Es ist zu bedauern, daß die Frauen ihrer Drohung die Tat nicht In welcher Art die Parteiarbeit seitens der weiblichen Mitglieder <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0012" n="12"/> ihnen wesentlich Rechte zu, die sie sich längst erobert und im Besitz<lb/> haben, aber die politische oder auch nur kommunale Gleichberechtigung<lb/> war nicht aufgenommen. Die Stimmrechtsorganisationen kritisierten<lb/> in öffentlichen Versammlungen dieses mit dem liberalen Grundsatz unver-<lb/> einbare Programm und protestierten kräftig: die weiblichen Mitglieder<lb/> der liberalen Parteien kämpften mit aller Energie für die Einfügung der<lb/> Forderung des Frauenstimmrechts, einige drohten, falls ihrem Antrage<lb/> nicht entsprochen würde, mit ihrem Austritt aus der Partei. Die Frauen<lb/> ernteten für diese einzig gebotene Konsequenz Hohn und Spott der von<lb/> den Männern bedienten Presse, die sich erdreistete, zu erklären, die<lb/> Frauen hätten sich wie die ungezogenen Kinder betragen, die nicht<lb/> mehr mitspielten, sobald ein Streit ausgebrochen sei. Diese liberalen<lb/> Männer hatten noch nicht einmal den Grundgedanken des Liberalismus<lb/> erfaßt, sie wußten nicht, daß den Frauen Selbstachtung verbietet,<lb/> einer Partei anzugehören, die für die grundlegende Forderung aller<lb/> Frauenbestrebungen nicht eintritt.</p><lb/> <p>Es ist zu bedauern, daß die Frauen ihrer Drohung die Tat nicht<lb/> folgen ließen. Ihr späteres Verhalten hat bewiesen, in welch' unheil-<lb/> vollem Maße diese Frauen vom Parteigeist beeinflußt sind, sie lassen sich<lb/> vollständig beherrschen von dem unter den deutschen Männern leider<lb/> üblichen liberalen Geiste, der sich in militärischer Submission alles bieten<lb/> läßt. der in Devotion erstirbt, dient und weiter hofft. Die Frauen kehr-<lb/> ten nach dieser kläglichen Behandlung nicht nur der Partei nicht den<lb/> Rücken, sie bildeten sogar einen Arbeitsausschuß um den Liberalismus<lb/> der Männer, der sie so schmählich im Stich gelassen hatte, wirksamer<lb/> zu unterstützen. Bezeichnend dafür, wie der Parteigeist die Frauen<lb/> durchdrungen hat, war der Aufruf dieser liberalen Frauen bei der Grün-<lb/> dung des Ausschusses. In erster Linie trat man für die Stärkung des<lb/> Liberalismus ein, dann erst gedachte man der „Forderung der poli-<lb/> tischen Rechte“ der Frau.</p><lb/> <p>In welcher Art die Parteiarbeit seitens der weiblichen Mitglieder<lb/> geschehen soll, darüber äußert sich ein Vorstandsmitglied des Arbeits-<lb/> ausschusses im Berliner Tageblatt vom 14. Juli dieses Jahres, dort heißt es:<lb/> „Der Arbeitsausschuß der weiblichen Mitglieder der Fortschrittlichen Volks-<lb/> partei kann ja nicht in derselben Weise vorgehen, wie der Deutsche<lb/> Verband für Frauenstimmrecht, denn die Partei hat sich programmatisch<lb/> nicht für das Frauenstimmrecht erklärt; die weiblichen Mitglieder sind<lb/> aber nur Parteimitglieder, sind durch das Programm gebunden, und<lb/> wenn auch wohl unter diesen Frauen nicht eine einzige ist, deren poli-<lb/> tische Ueberzeugung sich in § 8 mit der gedruckten Ueberzeugung der<lb/> Partei deckt, so müssen sie doch bei der nächsten Reichstagswahl eben<lb/> auch die Programmforderungen innehalten. Freilich nicht alle werden<lb/> es über sich gewinnen, ihre ganze Arbeitskraft für einen Kandidaten ein-<lb/> zusetzen, der sich wohl liberal nennt, dem aber der Gedanke an die poli-<lb/> tische Gleichberechtigung der Frauen eine Gänsehaut verursacht; diese<lb/> Frauen werden, so stark ihr politisches Gefühl auch sein mag, doch auch<lb/> wenn sie Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei sind, nur für „Stimm-<lb/> rechtsfreunde“ arbeiten. Der Arbeitsausschuß ist der Ansicht, daß sich<lb/> die Frauen vor ihrer Entscheidung über die Wahlhilfe durch persönliche<lb/>   </p> </body> </text> </TEI> [12/0012]
ihnen wesentlich Rechte zu, die sie sich längst erobert und im Besitz
haben, aber die politische oder auch nur kommunale Gleichberechtigung
war nicht aufgenommen. Die Stimmrechtsorganisationen kritisierten
in öffentlichen Versammlungen dieses mit dem liberalen Grundsatz unver-
einbare Programm und protestierten kräftig: die weiblichen Mitglieder
der liberalen Parteien kämpften mit aller Energie für die Einfügung der
Forderung des Frauenstimmrechts, einige drohten, falls ihrem Antrage
nicht entsprochen würde, mit ihrem Austritt aus der Partei. Die Frauen
ernteten für diese einzig gebotene Konsequenz Hohn und Spott der von
den Männern bedienten Presse, die sich erdreistete, zu erklären, die
Frauen hätten sich wie die ungezogenen Kinder betragen, die nicht
mehr mitspielten, sobald ein Streit ausgebrochen sei. Diese liberalen
Männer hatten noch nicht einmal den Grundgedanken des Liberalismus
erfaßt, sie wußten nicht, daß den Frauen Selbstachtung verbietet,
einer Partei anzugehören, die für die grundlegende Forderung aller
Frauenbestrebungen nicht eintritt.
Es ist zu bedauern, daß die Frauen ihrer Drohung die Tat nicht
folgen ließen. Ihr späteres Verhalten hat bewiesen, in welch' unheil-
vollem Maße diese Frauen vom Parteigeist beeinflußt sind, sie lassen sich
vollständig beherrschen von dem unter den deutschen Männern leider
üblichen liberalen Geiste, der sich in militärischer Submission alles bieten
läßt. der in Devotion erstirbt, dient und weiter hofft. Die Frauen kehr-
ten nach dieser kläglichen Behandlung nicht nur der Partei nicht den
Rücken, sie bildeten sogar einen Arbeitsausschuß um den Liberalismus
der Männer, der sie so schmählich im Stich gelassen hatte, wirksamer
zu unterstützen. Bezeichnend dafür, wie der Parteigeist die Frauen
durchdrungen hat, war der Aufruf dieser liberalen Frauen bei der Grün-
dung des Ausschusses. In erster Linie trat man für die Stärkung des
Liberalismus ein, dann erst gedachte man der „Forderung der poli-
tischen Rechte“ der Frau.
In welcher Art die Parteiarbeit seitens der weiblichen Mitglieder
geschehen soll, darüber äußert sich ein Vorstandsmitglied des Arbeits-
ausschusses im Berliner Tageblatt vom 14. Juli dieses Jahres, dort heißt es:
„Der Arbeitsausschuß der weiblichen Mitglieder der Fortschrittlichen Volks-
partei kann ja nicht in derselben Weise vorgehen, wie der Deutsche
Verband für Frauenstimmrecht, denn die Partei hat sich programmatisch
nicht für das Frauenstimmrecht erklärt; die weiblichen Mitglieder sind
aber nur Parteimitglieder, sind durch das Programm gebunden, und
wenn auch wohl unter diesen Frauen nicht eine einzige ist, deren poli-
tische Ueberzeugung sich in § 8 mit der gedruckten Ueberzeugung der
Partei deckt, so müssen sie doch bei der nächsten Reichstagswahl eben
auch die Programmforderungen innehalten. Freilich nicht alle werden
es über sich gewinnen, ihre ganze Arbeitskraft für einen Kandidaten ein-
zusetzen, der sich wohl liberal nennt, dem aber der Gedanke an die poli-
tische Gleichberechtigung der Frauen eine Gänsehaut verursacht; diese
Frauen werden, so stark ihr politisches Gefühl auch sein mag, doch auch
wenn sie Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei sind, nur für „Stimm-
rechtsfreunde“ arbeiten. Der Arbeitsausschuß ist der Ansicht, daß sich
die Frauen vor ihrer Entscheidung über die Wahlhilfe durch persönliche
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(2017-06-02T14:25:14Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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