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Heymann, Lida Gustava: Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern? Gautzsch b. Leipzig, 1911.

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anzuerkennen, sich seinen Anordnungen zu fügen. Solche Frauen
gibt es leider bei uns in Deutschland in größerer Anzahl als in anderen
Ländern, deshalb ist auch die Gefahr bei uns größer, daß die Frauen,
noch ehe sie als Wahlberechtigte in das politische Leben hinaustreten,
im Parteigetriebe ihr instinktives soziales Unterscheidungsvermögen
abstumpfen. Die Bestrebungen der Frauenbewegung und besonders
das Frauenstimmrecht können ohne Beteiligung der Frauen am poli-
tischen Leben niemals erreicht werden, es besteht aber, wie die Erfahrung
gelehrt hat, eine große Gefahr, sobald sie mit Parteipolitik verquickt
werden. Frauenstimmrecht schafft die Basis, von der aus nicht nur der
Emanzipationskampf des weiblichen Geschlechts, sondern auch alle
Humanität und Kultur einzig vollendet wird, deshalb muß Frauenstimm-
recht das Alpha und Omega aller unserer Forderungen sein und darf
durch nichts verdrängt werden. Parteiinteressen gebieten aber den
Männern und leider auch, vielen Frauen, falls sie sich einer Partei an-
geschlossen haben, heute für und morgen gegen das Frauenstimmrecht
zu sein. Die Konservativen sind für ein beschränktes Wahlrecht der
Frauen immer zu haben, sind aber schärfste Gegner des durchaus anzu-
strebenden allgemeinen gleichen Wahlrechtes der Frauen, weil, wie sie
annehmen, dadurch ihre Partei geschwächt und die anderen gestärkt
werden. Zu beweisen, daß gerade das Gegenteil der Fall sein wird, gehört
nicht hierher. Sozialdemokraten hingegen bekämpfen prinzipiell jedes
beschränkte Wahlrecht der Frau. Daß auch ein beschränktes Frauen-
wahlrecht ein Schritt näher zur Gerechtigkeit ist, kommt für sie gar nicht
in Betracht, daß es, wie andere Länder bewiesen haben, z. B. Norwegen,
die erste Etappe zum allgemeinen Frauenwahlrecht ist, wird von ihnen
trotz der Beweise einfach geleugnet. Daß unter Umständen in Ländern,
wo die Frage des Frauenstimmrechts sehr kritisch geworden ist, eine
Beteiligung der Frauen an Wahlagitationen im Interesse des Frauen-
stimmrechts erforderlich wird, soll nicht bestritten werden, ebenso wie
auch in normalen Zeiten aktive Stellungnahme der Frauen für oder
wider bestimmte Ereignisse und Persönlichkeiten wünschenswert sein
kann. Jede derartige Beteiligung soll aber stets mit besonderer Be-
tonung als selbständige unabhängige Aktion der Frauen geschehen,
das ist grundverschieden von der für gewöhnlich üblichen Mitarbeit
der Frauen innerhalb der Parteien, die von diesen diktiert und diszipli-
niert wird.

In keinem Lande. wo Frauen heute das Stimmrecht haben, haben
sie sich dasselbe auf Grund der in Parteien geleisteten Mitarbeit erobert.
Frauenwahlrecht besteht in ganz Australien, in fünf Staaten Amerikas,
nämlich Wyoming, Idaho, Utah, Colorado und Washington, in zwei
Staaten Europas, in Finnland und Norwegen.

Die australischen Frauen, die zum Bundesparlament wie zu den
einzelnen Staatenparlamenten in den Jahren 1893/I908 stimmberechtigt
wurden, haben sich vorher niemals wieder an Wahlagitationen noch aktiv
innerhalb der politischen Männerparteien betätigt, wohl aber erklärten
in einigen Staaten die Arbeiter, die in der Labourparty organisiert waren
und die überall tatkräftig für das Frauenstimmrecht kämpften, nur
dann im Kampfe für die politischen Rechte der Frau fortzufahren, wenn

anzuerkennen, sich seinen Anordnungen zu fügen. Solche Frauen
gibt es leider bei uns in Deutschland in größerer Anzahl als in anderen
Ländern, deshalb ist auch die Gefahr bei uns größer, daß die Frauen,
noch ehe sie als Wahlberechtigte in das politische Leben hinaustreten,
im Parteigetriebe ihr instinktives soziales Unterscheidungsvermögen
abstumpfen. Die Bestrebungen der Frauenbewegung und besonders
das Frauenstimmrecht können ohne Beteiligung der Frauen am poli-
tischen Leben niemals erreicht werden, es besteht aber, wie die Erfahrung
gelehrt hat, eine große Gefahr, sobald sie mit Parteipolitik verquickt
werden. Frauenstimmrecht schafft die Basis, von der aus nicht nur der
Emanzipationskampf des weiblichen Geschlechts, sondern auch alle
Humanität und Kultur einzig vollendet wird, deshalb muß Frauenstimm-
recht das Alpha und Omega aller unserer Forderungen sein und darf
durch nichts verdrängt werden. Parteiinteressen gebieten aber den
Männern und leider auch, vielen Frauen, falls sie sich einer Partei an-
geschlossen haben, heute für und morgen gegen das Frauenstimmrecht
zu sein. Die Konservativen sind für ein beschränktes Wahlrecht der
Frauen immer zu haben, sind aber schärfste Gegner des durchaus anzu-
strebenden allgemeinen gleichen Wahlrechtes der Frauen, weil, wie sie
annehmen, dadurch ihre Partei geschwächt und die anderen gestärkt
werden. Zu beweisen, daß gerade das Gegenteil der Fall sein wird, gehört
nicht hierher. Sozialdemokraten hingegen bekämpfen prinzipiell jedes
beschränkte Wahlrecht der Frau. Daß auch ein beschränktes Frauen-
wahlrecht ein Schritt näher zur Gerechtigkeit ist, kommt für sie gar nicht
in Betracht, daß es, wie andere Länder bewiesen haben, z. B. Norwegen,
die erste Etappe zum allgemeinen Frauenwahlrecht ist, wird von ihnen
trotz der Beweise einfach geleugnet. Daß unter Umständen in Ländern,
wo die Frage des Frauenstimmrechts sehr kritisch geworden ist, eine
Beteiligung der Frauen an Wahlagitationen im Interesse des Frauen-
stimmrechts erforderlich wird, soll nicht bestritten werden, ebenso wie
auch in normalen Zeiten aktive Stellungnahme der Frauen für oder
wider bestimmte Ereignisse und Persönlichkeiten wünschenswert sein
kann. Jede derartige Beteiligung soll aber stets mit besonderer Be-
tonung als selbständige unabhängige Aktion der Frauen geschehen,
das ist grundverschieden von der für gewöhnlich üblichen Mitarbeit
der Frauen innerhalb der Parteien, die von diesen diktiert und diszipli-
niert wird.

In keinem Lande. wo Frauen heute das Stimmrecht haben, haben
sie sich dasselbe auf Grund der in Parteien geleisteten Mitarbeit erobert.
Frauenwahlrecht besteht in ganz Australien, in fünf Staaten Amerikas,
nämlich Wyoming, Idaho, Utah, Colorado und Washington, in zwei
Staaten Europas, in Finnland und Norwegen.

Die australischen Frauen, die zum Bundesparlament wie zu den
einzelnen Staatenparlamenten in den Jahren 1893/I908 stimmberechtigt
wurden, haben sich vorher niemals wieder an Wahlagitationen noch aktiv
innerhalb der politischen Männerparteien betätigt, wohl aber erklärten
in einigen Staaten die Arbeiter, die in der Labourparty organisiert waren
und die überall tatkräftig für das Frauenstimmrecht kämpften, nur
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[7/0007] anzuerkennen, sich seinen Anordnungen zu fügen. Solche Frauen gibt es leider bei uns in Deutschland in größerer Anzahl als in anderen Ländern, deshalb ist auch die Gefahr bei uns größer, daß die Frauen, noch ehe sie als Wahlberechtigte in das politische Leben hinaustreten, im Parteigetriebe ihr instinktives soziales Unterscheidungsvermögen abstumpfen. Die Bestrebungen der Frauenbewegung und besonders das Frauenstimmrecht können ohne Beteiligung der Frauen am poli- tischen Leben niemals erreicht werden, es besteht aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, eine große Gefahr, sobald sie mit Parteipolitik verquickt werden. Frauenstimmrecht schafft die Basis, von der aus nicht nur der Emanzipationskampf des weiblichen Geschlechts, sondern auch alle Humanität und Kultur einzig vollendet wird, deshalb muß Frauenstimm- recht das Alpha und Omega aller unserer Forderungen sein und darf durch nichts verdrängt werden. Parteiinteressen gebieten aber den Männern und leider auch, vielen Frauen, falls sie sich einer Partei an- geschlossen haben, heute für und morgen gegen das Frauenstimmrecht zu sein. Die Konservativen sind für ein beschränktes Wahlrecht der Frauen immer zu haben, sind aber schärfste Gegner des durchaus anzu- strebenden allgemeinen gleichen Wahlrechtes der Frauen, weil, wie sie annehmen, dadurch ihre Partei geschwächt und die anderen gestärkt werden. Zu beweisen, daß gerade das Gegenteil der Fall sein wird, gehört nicht hierher. Sozialdemokraten hingegen bekämpfen prinzipiell jedes beschränkte Wahlrecht der Frau. Daß auch ein beschränktes Frauen- wahlrecht ein Schritt näher zur Gerechtigkeit ist, kommt für sie gar nicht in Betracht, daß es, wie andere Länder bewiesen haben, z. B. Norwegen, die erste Etappe zum allgemeinen Frauenwahlrecht ist, wird von ihnen trotz der Beweise einfach geleugnet. Daß unter Umständen in Ländern, wo die Frage des Frauenstimmrechts sehr kritisch geworden ist, eine Beteiligung der Frauen an Wahlagitationen im Interesse des Frauen- stimmrechts erforderlich wird, soll nicht bestritten werden, ebenso wie auch in normalen Zeiten aktive Stellungnahme der Frauen für oder wider bestimmte Ereignisse und Persönlichkeiten wünschenswert sein kann. Jede derartige Beteiligung soll aber stets mit besonderer Be- tonung als selbständige unabhängige Aktion der Frauen geschehen, das ist grundverschieden von der für gewöhnlich üblichen Mitarbeit der Frauen innerhalb der Parteien, die von diesen diktiert und diszipli- niert wird. In keinem Lande. wo Frauen heute das Stimmrecht haben, haben sie sich dasselbe auf Grund der in Parteien geleisteten Mitarbeit erobert. Frauenwahlrecht besteht in ganz Australien, in fünf Staaten Amerikas, nämlich Wyoming, Idaho, Utah, Colorado und Washington, in zwei Staaten Europas, in Finnland und Norwegen. Die australischen Frauen, die zum Bundesparlament wie zu den einzelnen Staatenparlamenten in den Jahren 1893/I908 stimmberechtigt wurden, haben sich vorher niemals wieder an Wahlagitationen noch aktiv innerhalb der politischen Männerparteien betätigt, wohl aber erklärten in einigen Staaten die Arbeiter, die in der Labourparty organisiert waren und die überall tatkräftig für das Frauenstimmrecht kämpften, nur dann im Kampfe für die politischen Rechte der Frau fortzufahren, wenn  

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-06-02T14:25:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-06-02T14:25:14Z)

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Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Heymann, Lida Gustava: Wird die Mitarbeit der Frauen in den politischen Männerparteien das Frauenstimmrecht fördern? Gautzsch b. Leipzig, 1911, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heymann_mitarbeit_1911/7>, abgerufen am 23.11.2024.