Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Wort zu reden. Alles verstummte und war begie¬
rig, wie Adam es anfangen würde, sich zu Gnaden
zu bringen. Adam aber sprach: Es ist Keiner unter
euch, der nicht wisse, daß mein liebes Eheweib hier
mich gründlich blamirt und die Lacher auf ihre Seite
gebracht hat. Das dank' ich ihr von Grund meiner
Seele. Ich sage euch aufrichtig, mein Herz hat mir
vor Freude gezittert bei jedem Wort was sie sprach;
und wie sie zuletzt den allerliebsten Einfall hatte,
meine eignen Worte gegen mich zeugen zu lassen, da
hab' ich im Stillen zu mir gesagt: Adam, ein Schuft
bist du, wenn du je von einem solchen Ausbund von
Weibe weichst und wankst, und wenn es in Paris
Ehre und Dublonen regnete. Und somit komm' ich
in demüthiger Hoffnung, daß ihr guten Bürger
bei meinem lieben Weibe Fürbitte für mich leisten
werdet, daß sie den frechen muthwilligen Mann wie¬
der in ihre Liebe und Neigung aufnehmen möge
und ihm seine Lästerzunge nicht nachtragen.

Wie er das gesagt mit einer Bewegung, wie sie
noch Keiner zuvor an ihm wahrgenommen, entstand
eine Stille im Hof. Marion aber lächelte ihm in
rührender Freundlichkeit zu und fiel ihm herzlich um
den Hals und sagte nur: Du böser lieber Mensch!
Da brach von allen Bänken und Fenstern einstim¬
miger Jubel los. Adam aber entwand sich den Ar¬
men seiner Frau, hielt ihr die Hand fest und rief:

Wort zu reden. Alles verſtummte und war begie¬
rig, wie Adam es anfangen würde, ſich zu Gnaden
zu bringen. Adam aber ſprach: Es iſt Keiner unter
euch, der nicht wiſſe, daß mein liebes Eheweib hier
mich gründlich blamirt und die Lacher auf ihre Seite
gebracht hat. Das dank' ich ihr von Grund meiner
Seele. Ich ſage euch aufrichtig, mein Herz hat mir
vor Freude gezittert bei jedem Wort was ſie ſprach;
und wie ſie zuletzt den allerliebſten Einfall hatte,
meine eignen Worte gegen mich zeugen zu laſſen, da
hab' ich im Stillen zu mir geſagt: Adam, ein Schuft
biſt du, wenn du je von einem ſolchen Ausbund von
Weibe weichſt und wankſt, und wenn es in Paris
Ehre und Dublonen regnete. Und ſomit komm' ich
in demüthiger Hoffnung, daß ihr guten Bürger
bei meinem lieben Weibe Fürbitte für mich leiſten
werdet, daß ſie den frechen muthwilligen Mann wie¬
der in ihre Liebe und Neigung aufnehmen möge
und ihm ſeine Läſterzunge nicht nachtragen.

Wie er das geſagt mit einer Bewegung, wie ſie
noch Keiner zuvor an ihm wahrgenommen, entſtand
eine Stille im Hof. Marion aber lächelte ihm in
rührender Freundlichkeit zu und fiel ihm herzlich um
den Hals und ſagte nur: Du böſer lieber Menſch!
Da brach von allen Bänken und Fenſtern einſtim¬
miger Jubel los. Adam aber entwand ſich den Ar¬
men ſeiner Frau, hielt ihr die Hand feſt und rief:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0098" n="86"/>
Wort zu reden. Alles ver&#x017F;tummte und war begie¬<lb/>
rig, wie Adam es anfangen würde, &#x017F;ich zu Gnaden<lb/>
zu bringen. Adam aber &#x017F;prach: Es i&#x017F;t Keiner unter<lb/>
euch, der nicht wi&#x017F;&#x017F;e, daß mein liebes Eheweib hier<lb/>
mich gründlich blamirt und die Lacher auf ihre Seite<lb/>
gebracht hat. Das dank' ich ihr von Grund meiner<lb/>
Seele. Ich &#x017F;age euch aufrichtig, mein Herz hat mir<lb/>
vor Freude gezittert bei jedem Wort was &#x017F;ie &#x017F;prach;<lb/>
und wie &#x017F;ie zuletzt den allerlieb&#x017F;ten Einfall hatte,<lb/>
meine eignen Worte gegen mich zeugen zu la&#x017F;&#x017F;en, da<lb/>
hab' ich im Stillen zu mir ge&#x017F;agt: Adam, ein Schuft<lb/>
bi&#x017F;t du, wenn du je von einem &#x017F;olchen Ausbund von<lb/>
Weibe weich&#x017F;t und wank&#x017F;t, und wenn es in Paris<lb/>
Ehre und Dublonen regnete. Und &#x017F;omit komm' ich<lb/>
in demüthiger Hoffnung, daß ihr guten Bürger<lb/>
bei meinem lieben Weibe Fürbitte für mich lei&#x017F;ten<lb/>
werdet, daß &#x017F;ie den frechen muthwilligen Mann wie¬<lb/>
der in ihre Liebe und Neigung aufnehmen möge<lb/>
und ihm &#x017F;eine Lä&#x017F;terzunge nicht nachtragen.</p><lb/>
        <p>Wie er das ge&#x017F;agt mit einer Bewegung, wie &#x017F;ie<lb/>
noch Keiner zuvor an ihm wahrgenommen, ent&#x017F;tand<lb/>
eine Stille im Hof. Marion aber lächelte ihm in<lb/>
rührender Freundlichkeit zu und fiel ihm herzlich um<lb/>
den Hals und &#x017F;agte nur: Du bö&#x017F;er lieber Men&#x017F;ch!<lb/>
Da brach von allen Bänken und Fen&#x017F;tern ein&#x017F;tim¬<lb/>
miger Jubel los. Adam aber entwand &#x017F;ich den Ar¬<lb/>
men &#x017F;einer Frau, hielt ihr die Hand fe&#x017F;t und rief:<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0098] Wort zu reden. Alles verſtummte und war begie¬ rig, wie Adam es anfangen würde, ſich zu Gnaden zu bringen. Adam aber ſprach: Es iſt Keiner unter euch, der nicht wiſſe, daß mein liebes Eheweib hier mich gründlich blamirt und die Lacher auf ihre Seite gebracht hat. Das dank' ich ihr von Grund meiner Seele. Ich ſage euch aufrichtig, mein Herz hat mir vor Freude gezittert bei jedem Wort was ſie ſprach; und wie ſie zuletzt den allerliebſten Einfall hatte, meine eignen Worte gegen mich zeugen zu laſſen, da hab' ich im Stillen zu mir geſagt: Adam, ein Schuft biſt du, wenn du je von einem ſolchen Ausbund von Weibe weichſt und wankſt, und wenn es in Paris Ehre und Dublonen regnete. Und ſomit komm' ich in demüthiger Hoffnung, daß ihr guten Bürger bei meinem lieben Weibe Fürbitte für mich leiſten werdet, daß ſie den frechen muthwilligen Mann wie¬ der in ihre Liebe und Neigung aufnehmen möge und ihm ſeine Läſterzunge nicht nachtragen. Wie er das geſagt mit einer Bewegung, wie ſie noch Keiner zuvor an ihm wahrgenommen, entſtand eine Stille im Hof. Marion aber lächelte ihm in rührender Freundlichkeit zu und fiel ihm herzlich um den Hals und ſagte nur: Du böſer lieber Menſch! Da brach von allen Bänken und Fenſtern einſtim¬ miger Jubel los. Adam aber entwand ſich den Ar¬ men ſeiner Frau, hielt ihr die Hand feſt und rief:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/98
Zitationshilfe: Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_novellen_1855/98>, abgerufen am 22.12.2024.