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Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Waldvögel auf seiner Geige überbot und taktmäßig zwischen seinen niedrigen vier Wänden ans und ab schritt, hatte er so seine gottwohlgefälligen Gedanken, wie ihm doch eigentlich zur vollkommenen Glückseligkeit nichts Wesentliches mangle, zumal da ihm einer seiner Amtsbrüder drunten in Sanct Valentin eine Probe des kostbaren Rothen heraufgeschickt hatte, den die frommen Brüder in ihrem sonnigen Thal am Fuß des Ifinger ziehen, und der heute Abend sein bescheidenes Mahl verherrlichen sollte.

Da klopfte es an seiner Thür, und in der Meinung, es sei eben nur die Magd mit dem Gast von Sanct Valentin, rief er "herein!" ohne sein Spiel zu unterbrechen. Aber der Bogen fiel ihm fast aus der Hand, als die Thür aufging und wie ein Schatten aus einer andern Welt die Gestalt des verschollenen Andree vor ihm stand.

Erschrecken Sie nicht, Hochwürden, ich bin's, sagte der Jüngling, indem er vollends hereintrat. Da sehen Sie, der Kater kennt mich wieder, der würde wohl das Fell sträuben, wenn ich nur ein Spuk wäre. Ich hätte mich angemeldet, aber von wo wir kommen, giebt's halt keine Briefpost.

Er beugte sich zu dem schmeichelnden Thier herab, um seine Bewegung zu verbergen. Es war eine Weichheit und Sanftmuth in seinem Wesen, die ihn ganz verwandelt erscheinen ließen.

Der geistliche Herr war mitten im Zimmer

Waldvögel auf seiner Geige überbot und taktmäßig zwischen seinen niedrigen vier Wänden ans und ab schritt, hatte er so seine gottwohlgefälligen Gedanken, wie ihm doch eigentlich zur vollkommenen Glückseligkeit nichts Wesentliches mangle, zumal da ihm einer seiner Amtsbrüder drunten in Sanct Valentin eine Probe des kostbaren Rothen heraufgeschickt hatte, den die frommen Brüder in ihrem sonnigen Thal am Fuß des Ifinger ziehen, und der heute Abend sein bescheidenes Mahl verherrlichen sollte.

Da klopfte es an seiner Thür, und in der Meinung, es sei eben nur die Magd mit dem Gast von Sanct Valentin, rief er „herein!“ ohne sein Spiel zu unterbrechen. Aber der Bogen fiel ihm fast aus der Hand, als die Thür aufging und wie ein Schatten aus einer andern Welt die Gestalt des verschollenen Andree vor ihm stand.

Erschrecken Sie nicht, Hochwürden, ich bin's, sagte der Jüngling, indem er vollends hereintrat. Da sehen Sie, der Kater kennt mich wieder, der würde wohl das Fell sträuben, wenn ich nur ein Spuk wäre. Ich hätte mich angemeldet, aber von wo wir kommen, giebt's halt keine Briefpost.

Er beugte sich zu dem schmeichelnden Thier herab, um seine Bewegung zu verbergen. Es war eine Weichheit und Sanftmuth in seinem Wesen, die ihn ganz verwandelt erscheinen ließen.

Der geistliche Herr war mitten im Zimmer

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[0105] Waldvögel auf seiner Geige überbot und taktmäßig zwischen seinen niedrigen vier Wänden ans und ab schritt, hatte er so seine gottwohlgefälligen Gedanken, wie ihm doch eigentlich zur vollkommenen Glückseligkeit nichts Wesentliches mangle, zumal da ihm einer seiner Amtsbrüder drunten in Sanct Valentin eine Probe des kostbaren Rothen heraufgeschickt hatte, den die frommen Brüder in ihrem sonnigen Thal am Fuß des Ifinger ziehen, und der heute Abend sein bescheidenes Mahl verherrlichen sollte. Da klopfte es an seiner Thür, und in der Meinung, es sei eben nur die Magd mit dem Gast von Sanct Valentin, rief er „herein!“ ohne sein Spiel zu unterbrechen. Aber der Bogen fiel ihm fast aus der Hand, als die Thür aufging und wie ein Schatten aus einer andern Welt die Gestalt des verschollenen Andree vor ihm stand. Erschrecken Sie nicht, Hochwürden, ich bin's, sagte der Jüngling, indem er vollends hereintrat. Da sehen Sie, der Kater kennt mich wieder, der würde wohl das Fell sträuben, wenn ich nur ein Spuk wäre. Ich hätte mich angemeldet, aber von wo wir kommen, giebt's halt keine Briefpost. Er beugte sich zu dem schmeichelnden Thier herab, um seine Bewegung zu verbergen. Es war eine Weichheit und Sanftmuth in seinem Wesen, die ihn ganz verwandelt erscheinen ließen. Der geistliche Herr war mitten im Zimmer

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:27:07Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:27:07Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_weinhueter_1910/105>, abgerufen am 24.11.2024.