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Hilty, Carl: Frauenstimmrecht. In: Hilty, Carl (Hg.): Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern, 1897.

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Frauenstimmrecht.

In Neuseeland stimmen die Frauen für die liberale
Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem:
"Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie
nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm-
pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in
Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens
die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten
Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be-
fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der
Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten
im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt-
liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass
die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits-
sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses
geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten
sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die
Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren,
als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben
es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die
Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren
von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz
der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge-
setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt
streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher,
der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler-
schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt."

In Holland lautet das Programm der neuen "Nieder-
ländischen Volkspartei" gleich in seinem ersten Artikel:
"Zweck der Niederländischen Volkspartei ist: a) die
Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll-
jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das-
selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder

Frauenstimmrecht.

In Neuseeland stimmen die Frauen für die liberale
Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem:
«Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie
nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm-
pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in
Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens
die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten
Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be-
fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der
Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten
im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt-
liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass
die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits-
sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses
geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten
sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die
Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren,
als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben
es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die
Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren
von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz
der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge-
setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt
streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher,
der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler-
schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt.»

In Holland lautet das Programm der neuen «Nieder-
ländischen Volkspartei» gleich in seinem ersten Artikel:
«Zweck der Niederländischen Volkspartei ist: a) die
Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll-
jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das-
selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder

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[280/0040] Frauenstimmrecht. In Neuseeland stimmen die Frauen für die liberale Partei. Ein bezüglicher Bericht sagt darüber unter Anderem: «Die Frauen eilen in Mengen an die Wahlurne. Sie nehmen das grösste Interesse an den politischen Käm- pfen und tragen bedeutend dazu bei, dass dieselben in Ruhe und Frieden abgehen. Den Frauen haben es übrigens die Liberalen vor Allem zu danken, dass sie bei den jüngsten Wahlen einen so glänzenden Sieg davongetragen. Die Be- fürchtung, die weiblichen Wähler möchten sich von der Geistlichkeit leiten lassen, hat sich nicht bestätigt; sie traten im Gegentheil mit voller Energie für die jetzige freie, welt- liche und obligatorische Schule ein. Wahr ist allerdings, dass die Frauen in vielen Fällen ihren Eifer für die Mässigkeits- sache bezeugten, aber für gänzliches Verbot des Genusses geistiger Getränke waren die wenigsten. Im Ganzen zeigten sie bei der ersten Wahl, an welcher sie theilnahmen, eher die Tendenz, mit ihren männlichen Mitwählern zu harmoniren, als denselben Opposition zu machen. Einige Politiker schrieben es dem Einfluss der neuseeländischen Frauen zu, dass die Legislatur auch die Ernennung von Frauen zu Inspektoren von Irrenhäusern gestattet hat, dass ein Gesetz zum Schutz der Säuglinge gegeben, dass die Adoption von Kindern ge- setzlich besser geregelt worden ist und die Behörden jetzt streng gegen Bordelle vorgehen. Eines ist jedenfalls sicher, der Trunksucht und deren Förderern hat die weibliche Wähler- schaft Neuseelands den Vernichtungskrieg erklärt.» In Holland lautet das Programm der neuen «Nieder- ländischen Volkspartei» gleich in seinem ersten Artikel: «Zweck der Niederländischen Volkspartei ist: a) die Erlangung des allgemeinen gleichen Wahlrechts für alle voll- jährigen männlichen und weiblichen Niederländer, denen das- selbe nicht durch richterliches Urtheil aberkannt ist, oder

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Zitationshilfe: Hilty, Carl: Frauenstimmrecht. In: Hilty, Carl (Hg.): Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern, 1897, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hilty_frauenstimmrecht_1897/40>, abgerufen am 28.04.2024.