Hilty, Carl: Frauenstimmrecht. In: Hilty, Carl (Hg.): Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern, 1897.Frauenstimmrecht.
ihre Schönheit, oder durch ihre List über Männer, aberihre gleichberechtigte Gefährtin ist sie nicht. In anderen Ländern ist es faktisch etwas besser, aber nicht rechtlich. Ein selbständig gebliebenes weibliches Wesen, eine alte Jungfer, wie sie oft verächtlich genannt wird, ist heute in einer besseren rechtlichen Stellung, als eine verheirathete Frau, die, sobald sie mit einem unwürdigen Menschen zusammengekoppelt ist, ein Leben hat, in dem sie geistig und sittlich verkommen, oder sich beständig empören muss. Und dabei werden wir doch Alle, wenn wir die Wahrheit sagen wollen, bekennen müssen, dass die edelsten und besten Menschen, die wir in unserem Leben kennen gelernt haben, jedenfalls aber die grössere Zahl der Edeln und Guten, die wir kannten, Frauen gewesen sind.1). Und zwar ist das es fast ausnahmslos zu gehen pflegt, so erwiesen sich auch heute die für diesen Zweck gewühlten Räumlichkeiten als viel zu klein, dagegen unterschied sieh andrerseits der heutige Abend sehr zu seinem Vortheil von den üblichen Veranstaltungen dieser Art. Das war die Anwesenheit eines reichen Damenflors, die der Festlich- keit von Anfang an einen herzlichen und anmuthenden Anstrich gab und auch im Laufe des schönen Abends nur zur Erhöhung der Festesstimmung beitrug. Dabei wurde auch sehr bald der Einwand hinfällig, als ob durch eine solche Neuerung die Einnahmen des kgl. bayrischen Staatsärars irgendwie erheblich geschmälert werden könnten: vielmehr hatte man überreichlich Gelegenheit, auch auf dem Gebiet der Trink- und Sesshaftigkeit von Seiten des schönen Geschlechts ganz achtbare Leistungen zu bewundern." Da, wo es den Männern Vergnügen macht, heisst es also nicht, die Frau gehöre in das Haus und nicht in die Oeffentlichkeit, und leider giebt sich eine immer wachsende Anzahl von gebildeten Krauen auch dazu her. 1) Die heutige Welt würde noch viel schlechter sein, als sie
ist, wenn nicht die Knaben meistens ihren Müttern nacharteten und auch wesentlich von ihnen erzogen würden. Frauenstimmrecht.
ihre Schönheit, oder durch ihre List über Männer, aberihre gleichberechtigte Gefährtin ist sie nicht. In anderen Ländern ist es faktisch etwas besser, aber nicht rechtlich. Ein selbständig gebliebenes weibliches Wesen, eine alte Jungfer, wie sie oft verächtlich genannt wird, ist heute in einer besseren rechtlichen Stellung, als eine verheirathete Frau, die, sobald sie mit einem unwürdigen Menschen zusammengekoppelt ist, ein Leben hat, in dem sie geistig und sittlich verkommen, oder sich beständig empören muss. Und dabei werden wir doch Alle, wenn wir die Wahrheit sagen wollen, bekennen müssen, dass die edelsten und besten Menschen, die wir in unserem Leben kennen gelernt haben, jedenfalls aber die grössere Zahl der Edeln und Guten, die wir kannten, Frauen gewesen sind.1). Und zwar ist das es fast ausnahmslos zu gehen pflegt, so erwiesen sich auch heute die für diesen Zweck gewühlten Räumlichkeiten als viel zu klein, dagegen unterschied sieh andrerseits der heutige Abend sehr zu seinem Vortheil von den üblichen Veranstaltungen dieser Art. Das war die Anwesenheit eines reichen Damenflors, die der Festlich- keit von Anfang an einen herzlichen und anmuthenden Anstrich gab und auch im Laufe des schönen Abends nur zur Erhöhung der Festesstimmung beitrug. Dabei wurde auch sehr bald der Einwand hinfällig, als ob durch eine solche Neuerung die Einnahmen des kgl. bayrischen Staatsärars irgendwie erheblich geschmälert werden könnten: vielmehr hatte man überreichlich Gelegenheit, auch auf dem Gebiet der Trink- und Sesshaftigkeit von Seiten des schönen Geschlechts ganz achtbare Leistungen zu bewundern.» Da, wo es den Männern Vergnügen macht, heisst es also nicht, die Frau gehöre in das Haus und nicht in die Oeffentlichkeit, und leider giebt sich eine immer wachsende Anzahl von gebildeten Krauen auch dazu her. 1) Die heutige Welt würde noch viel schlechter sein, als sie
ist, wenn nicht die Knaben meistens ihren Müttern nacharteten und auch wesentlich von ihnen erzogen würden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0053" n="293"/><fw place="top" type="header">Frauenstimmrecht.</fw> ihre Schönheit, oder durch ihre List über Männer, aber<lb/> ihre gleichberechtigte Gefährtin ist sie nicht. In anderen<lb/> Ländern ist es faktisch etwas besser, aber nicht rechtlich.<lb/> Ein selbständig gebliebenes weibliches Wesen, eine alte<lb/> Jungfer, wie sie oft verächtlich genannt wird, ist heute in<lb/> einer besseren rechtlichen Stellung, als eine verheirathete<lb/> Frau, die, sobald sie mit einem <hi rendition="#g">unwürdigen</hi> Menschen<lb/> zusammengekoppelt ist, ein Leben hat, in dem sie geistig<lb/> und sittlich verkommen, oder sich beständig empören muss.<lb/> Und dabei werden wir doch Alle, wenn wir die Wahrheit<lb/> sagen wollen, bekennen müssen, dass die edelsten und besten<lb/> Menschen, die wir in unserem Leben kennen gelernt haben,<lb/> jedenfalls aber die <hi rendition="#g">grössere Zahl</hi> der Edeln und Guten,<lb/> die wir kannten, Frauen gewesen sind.<note place="foot" n="1)">Die heutige Welt würde noch viel schlechter sein, als sie<lb/> ist, wenn nicht die Knaben meistens ihren <hi rendition="#g">Müttern</hi> nacharteten<lb/> und auch wesentlich von ihnen erzogen würden.</note>. Und zwar ist das<lb/><note xml:id="ID14" prev="#ID13" place="foot" n="2)">es fast ausnahmslos zu gehen pflegt, so erwiesen sich auch heute<lb/> die für diesen Zweck gewühlten Räumlichkeiten als viel zu klein,<lb/> dagegen unterschied sieh andrerseits der heutige Abend sehr zu<lb/> seinem Vortheil von den üblichen Veranstaltungen dieser Art. Das<lb/> war die Anwesenheit eines reichen <hi rendition="#g">Damenflors</hi>, die der Festlich-<lb/> keit von Anfang an einen herzlichen und anmuthenden Anstrich<lb/> gab und auch im Laufe des schönen Abends nur zur Erhöhung der<lb/> Festesstimmung beitrug. Dabei wurde auch sehr bald der Einwand<lb/> hinfällig, als ob durch eine solche Neuerung die Einnahmen des<lb/> kgl. bayrischen Staatsärars irgendwie erheblich geschmälert werden<lb/> könnten: vielmehr hatte man überreichlich Gelegenheit, auch auf<lb/> dem Gebiet der <hi rendition="#g">Trink- und Sesshaftigkeit von Seiten<lb/> des schönen Geschlechts</hi> ganz achtbare Leistungen zu<lb/> bewundern.» Da, wo es den Männern Vergnügen macht, heisst<lb/> es also nicht, die Frau gehöre in das Haus und nicht in die<lb/> Oeffentlichkeit, und leider giebt sich eine immer wachsende Anzahl<lb/> von <hi rendition="#g">gebildeten</hi> Krauen auch dazu her.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293/0053]
Frauenstimmrecht.
ihre Schönheit, oder durch ihre List über Männer, aber
ihre gleichberechtigte Gefährtin ist sie nicht. In anderen
Ländern ist es faktisch etwas besser, aber nicht rechtlich.
Ein selbständig gebliebenes weibliches Wesen, eine alte
Jungfer, wie sie oft verächtlich genannt wird, ist heute in
einer besseren rechtlichen Stellung, als eine verheirathete
Frau, die, sobald sie mit einem unwürdigen Menschen
zusammengekoppelt ist, ein Leben hat, in dem sie geistig
und sittlich verkommen, oder sich beständig empören muss.
Und dabei werden wir doch Alle, wenn wir die Wahrheit
sagen wollen, bekennen müssen, dass die edelsten und besten
Menschen, die wir in unserem Leben kennen gelernt haben,
jedenfalls aber die grössere Zahl der Edeln und Guten,
die wir kannten, Frauen gewesen sind. 1). Und zwar ist das
2)
1) Die heutige Welt würde noch viel schlechter sein, als sie
ist, wenn nicht die Knaben meistens ihren Müttern nacharteten
und auch wesentlich von ihnen erzogen würden.
2) es fast ausnahmslos zu gehen pflegt, so erwiesen sich auch heute
die für diesen Zweck gewühlten Räumlichkeiten als viel zu klein,
dagegen unterschied sieh andrerseits der heutige Abend sehr zu
seinem Vortheil von den üblichen Veranstaltungen dieser Art. Das
war die Anwesenheit eines reichen Damenflors, die der Festlich-
keit von Anfang an einen herzlichen und anmuthenden Anstrich
gab und auch im Laufe des schönen Abends nur zur Erhöhung der
Festesstimmung beitrug. Dabei wurde auch sehr bald der Einwand
hinfällig, als ob durch eine solche Neuerung die Einnahmen des
kgl. bayrischen Staatsärars irgendwie erheblich geschmälert werden
könnten: vielmehr hatte man überreichlich Gelegenheit, auch auf
dem Gebiet der Trink- und Sesshaftigkeit von Seiten
des schönen Geschlechts ganz achtbare Leistungen zu
bewundern.» Da, wo es den Männern Vergnügen macht, heisst
es also nicht, die Frau gehöre in das Haus und nicht in die
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(2013-07-12T09:45:20Z)
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