Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts weiter als seufzen. Eine totale Son-
nenfinsternis lag auf seiner Seele, sein Herz
konnte nicht ins Geleise gebracht werden.
So vergiengen drey bis vier Tage. Werd'
ich sterben fragt' ich! Gott kann dir helfen
sagt' er, und meine Mutter wie Gott will,
und beide Amen.

Nach einer Weile zog ich meine Mutter
fest an mich "ey die zweene Nägel?" Sie
glänzten mir so schrecklich als die Cometen
dem gemeinen Mann. Wie verstelt die Ver-
zagtheit die Mutter der Hypochondrie, die
Geberden eines jeden Dings?

Meine Mutter ohne die Frage in ihrem
Umfange zu denken antwortete. Sie sol-
len dein!

Ach! war meine Antwort
und, hilft dir Gott fuhr sie fort häng' ich
deine Lieblingswürste dran

Die sagt' ich, Liebe, die -- ich konnte
sie vor Freuden nicht bestimmen

Eben die erwiederte sie

Das war Medicin. Ich sammelte mich.
Die Cometen verlohren ihren Schein! Ich
sah' anstatt meines Namens im Druck zwo
kleine Würste. Ich bekam Appetit und

hätte

nichts weiter als ſeufzen. Eine totale Son-
nenfinſternis lag auf ſeiner Seele, ſein Herz
konnte nicht ins Geleiſe gebracht werden.
So vergiengen drey bis vier Tage. Werd’
ich ſterben fragt’ ich! Gott kann dir helfen
ſagt’ er, und meine Mutter wie Gott will,
und beide Amen.

Nach einer Weile zog ich meine Mutter
feſt an mich „ey die zweene Naͤgel?„ Sie
glaͤnzten mir ſo ſchrecklich als die Cometen
dem gemeinen Mann. Wie verſtelt die Ver-
zagtheit die Mutter der Hypochondrie, die
Geberden eines jeden Dings?

Meine Mutter ohne die Frage in ihrem
Umfange zu denken antwortete. Sie ſol-
len dein!

Ach! war meine Antwort
und, hilft dir Gott fuhr ſie fort haͤng’ ich
deine Lieblingswuͤrſte dran

Die ſagt’ ich, Liebe, die — ich konnte
ſie vor Freuden nicht beſtimmen

Eben die erwiederte ſie

Das war Medicin. Ich ſammelte mich.
Die Cometen verlohren ihren Schein! Ich
ſah’ anſtatt meines Namens im Druck zwo
kleine Wuͤrſte. Ich bekam Appetit und

haͤtte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0138" n="130"/>
nichts weiter als &#x017F;eufzen. Eine totale Son-<lb/>
nenfin&#x017F;ternis lag auf &#x017F;einer Seele, &#x017F;ein Herz<lb/>
konnte nicht ins Gelei&#x017F;e gebracht werden.<lb/>
So vergiengen drey bis vier Tage. Werd&#x2019;<lb/>
ich &#x017F;terben fragt&#x2019; ich! Gott kann dir helfen<lb/>
&#x017F;agt&#x2019; er, und meine Mutter wie Gott will,<lb/>
und beide Amen.</p><lb/>
        <p>Nach einer Weile zog ich meine Mutter<lb/>
fe&#x017F;t an mich &#x201E;ey die zweene Na&#x0364;gel?&#x201E; Sie<lb/>
gla&#x0364;nzten mir &#x017F;o &#x017F;chrecklich als die Cometen<lb/>
dem gemeinen Mann. Wie ver&#x017F;telt die Ver-<lb/>
zagtheit die Mutter der Hypochondrie, die<lb/>
Geberden eines jeden Dings?</p><lb/>
        <p>Meine Mutter ohne die Frage in ihrem<lb/>
Umfange zu denken antwortete. Sie &#x017F;ol-<lb/>
len dein!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#c">Ach! war meine Antwort</hi><lb/>
und, hilft dir Gott fuhr &#x017F;ie fort ha&#x0364;ng&#x2019; ich<lb/>
deine Lieblingswu&#x0364;r&#x017F;te dran</p><lb/>
        <p>Die &#x017F;agt&#x2019; ich, Liebe, die &#x2014; ich konnte<lb/>
&#x017F;ie vor Freuden nicht be&#x017F;timmen</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">Eben die erwiederte &#x017F;ie</hi> </p><lb/>
        <p>Das war Medicin. Ich &#x017F;ammelte mich.<lb/>
Die Cometen verlohren ihren Schein! Ich<lb/>
&#x017F;ah&#x2019; an&#x017F;tatt meines Namens im Druck zwo<lb/>
kleine Wu&#x0364;r&#x017F;te. Ich bekam Appetit und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;tte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0138] nichts weiter als ſeufzen. Eine totale Son- nenfinſternis lag auf ſeiner Seele, ſein Herz konnte nicht ins Geleiſe gebracht werden. So vergiengen drey bis vier Tage. Werd’ ich ſterben fragt’ ich! Gott kann dir helfen ſagt’ er, und meine Mutter wie Gott will, und beide Amen. Nach einer Weile zog ich meine Mutter feſt an mich „ey die zweene Naͤgel?„ Sie glaͤnzten mir ſo ſchrecklich als die Cometen dem gemeinen Mann. Wie verſtelt die Ver- zagtheit die Mutter der Hypochondrie, die Geberden eines jeden Dings? Meine Mutter ohne die Frage in ihrem Umfange zu denken antwortete. Sie ſol- len dein! Ach! war meine Antwort und, hilft dir Gott fuhr ſie fort haͤng’ ich deine Lieblingswuͤrſte dran Die ſagt’ ich, Liebe, die — ich konnte ſie vor Freuden nicht beſtimmen Eben die erwiederte ſie Das war Medicin. Ich ſammelte mich. Die Cometen verlohren ihren Schein! Ich ſah’ anſtatt meines Namens im Druck zwo kleine Wuͤrſte. Ich bekam Appetit und haͤtte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/138
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/138>, abgerufen am 18.05.2024.