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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Nach einer kleinen Weile fragte mich
mein Vater ob ich noch Minchen oder Ben-
jamin, oder beyde zusammen sehen wolte --
Minchen? sagt' ich heiter Minchen! Nein --
Minchen nicht lieber Vater, sie würde sich zu
sehr grämen wenn sie ihren Gemahl Alexan-
der sterben sehen solte. Sie hat mich blos
als Ueberwinder gesehen. Benjamin? auch
nicht er würd's ihr vorwimmern was er gese-
hen gehört und empfunden hat, Benjamin
ist ein guter Junge nicht wahr lieber Vater?
Er muß Alexander werden? Lang genug ist
er Darius gewesen -- und in Wahrheit es
ist nicht viel Darius zu seyn. Er und ich
waren gute Feinde zusammen eine Seel' in
zween Leibern

Dieses alles brachte mich auf ein Codicill.
Ich änderte mein Testament und bat meine El-
tern Minchen nichts auch nichts vom Christoph
auch nichts vom großen Kreutz zu eröfnen, we-
nigstens die Publication des Testaments noch
viele Jahre auszusetzen. Meine Mutter die mit
der Anfrage meines Vaters die zween Lieblinge
meines Herzens noch in dieser Welt zu grüßen
unzufrieden geworden freute sich, daß alles
so vortreflich beigelegt und der vorige Druck-
fehler verbessert war. Er ist schon ein Engel

sagte

Nach einer kleinen Weile fragte mich
mein Vater ob ich noch Minchen oder Ben-
jamin, oder beyde zuſammen ſehen wolte —
Minchen? ſagt’ ich heiter Minchen! Nein —
Minchen nicht lieber Vater, ſie wuͤrde ſich zu
ſehr graͤmen wenn ſie ihren Gemahl Alexan-
der ſterben ſehen ſolte. Sie hat mich blos
als Ueberwinder geſehen. Benjamin? auch
nicht er wuͤrd’s ihr vorwimmern was er geſe-
hen gehoͤrt und empfunden hat, Benjamin
iſt ein guter Junge nicht wahr lieber Vater?
Er muß Alexander werden? Lang genug iſt
er Darius geweſen — und in Wahrheit es
iſt nicht viel Darius zu ſeyn. Er und ich
waren gute Feinde zuſammen eine Seel’ in
zween Leibern

Dieſes alles brachte mich auf ein Codicill.
Ich aͤnderte mein Teſtament und bat meine El-
tern Minchen nichts auch nichts vom Chriſtoph
auch nichts vom großen Kreutz zu eroͤfnen, we-
nigſtens die Publication des Teſtaments noch
viele Jahre auszuſetzen. Meine Mutter die mit
der Anfrage meines Vaters die zween Lieblinge
meines Herzens noch in dieſer Welt zu gruͤßen
unzufrieden geworden freute ſich, daß alles
ſo vortreflich beigelegt und der vorige Druck-
fehler verbeſſert war. Er iſt ſchon ein Engel

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[139/0147] Nach einer kleinen Weile fragte mich mein Vater ob ich noch Minchen oder Ben- jamin, oder beyde zuſammen ſehen wolte — Minchen? ſagt’ ich heiter Minchen! Nein — Minchen nicht lieber Vater, ſie wuͤrde ſich zu ſehr graͤmen wenn ſie ihren Gemahl Alexan- der ſterben ſehen ſolte. Sie hat mich blos als Ueberwinder geſehen. Benjamin? auch nicht er wuͤrd’s ihr vorwimmern was er geſe- hen gehoͤrt und empfunden hat, Benjamin iſt ein guter Junge nicht wahr lieber Vater? Er muß Alexander werden? Lang genug iſt er Darius geweſen — und in Wahrheit es iſt nicht viel Darius zu ſeyn. Er und ich waren gute Feinde zuſammen eine Seel’ in zween Leibern Dieſes alles brachte mich auf ein Codicill. Ich aͤnderte mein Teſtament und bat meine El- tern Minchen nichts auch nichts vom Chriſtoph auch nichts vom großen Kreutz zu eroͤfnen, we- nigſtens die Publication des Teſtaments noch viele Jahre auszuſetzen. Meine Mutter die mit der Anfrage meines Vaters die zween Lieblinge meines Herzens noch in dieſer Welt zu gruͤßen unzufrieden geworden freute ſich, daß alles ſo vortreflich beigelegt und der vorige Druck- fehler verbeſſert war. Er iſt ſchon ein Engel ſagte

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/147>, abgerufen am 21.11.2024.