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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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hang dabey ein Paar Grane einbüßt. Ein
academischer Lehrer muß, wenn er seine Kennt-
niße gut verzinsen will, marcktschreien, und
durch eine Universalpille die Leute an seine
Bude locken. Die meisten haben ein Arca-
num ein Mysterium das sie empfiehlet wovon
sie zwey Drittheil alle halbe Jahr für sechs
bis acht Thaler schwer Geld verhandlen ein
Drittheil behalten sie noch zurück. Man
erfährt also das ganze nicht eher, als bis
es im Druck erscheinet und siehe da! kein
Mensch findet das was der Professor fand.
Es ist ein gewöhnliches Compendium.

Weiß ein Professor nur einerley ist er ein
Pedant. Seine Wissenschaft ist der Despot
der über ihn herscht. Weiß er, (und dies
ist gemeinhin der Fall, weil er mit seinen
Herren Amtsbrüdern oft eine Lanze brechen
muß) mehr; ists blos so so. Das wenigste
ist Wissenschaft, was wir haben, das meißt'
ist Muthmassung, Weg, den man gehen
muß um zur Wissenschaft zu gelangen. Es
geht mit den Wissenschaften wie mit der Liebe:
Die verstohlne ist die angenehmste. Das
Handwerk wird einem Jeden so geläufig daß
er auf keine Erfindung kommen kann. Per
aspera ad astra
. Würden die Professores

blos

hang dabey ein Paar Grane einbuͤßt. Ein
academiſcher Lehrer muß, wenn er ſeine Kennt-
niße gut verzinſen will, marcktſchreien, und
durch eine Univerſalpille die Leute an ſeine
Bude locken. Die meiſten haben ein Arca-
num ein Myſterium das ſie empfiehlet wovon
ſie zwey Drittheil alle halbe Jahr fuͤr ſechs
bis acht Thaler ſchwer Geld verhandlen ein
Drittheil behalten ſie noch zuruͤck. Man
erfaͤhrt alſo das ganze nicht eher, als bis
es im Druck erſcheinet und ſiehe da! kein
Menſch findet das was der Profeſſor fand.
Es iſt ein gewoͤhnliches Compendium.

Weiß ein Profeſſor nur einerley iſt er ein
Pedant. Seine Wiſſenſchaft iſt der Deſpot
der uͤber ihn herſcht. Weiß er, (und dies
iſt gemeinhin der Fall, weil er mit ſeinen
Herren Amtsbruͤdern oft eine Lanze brechen
muß) mehr; iſts blos ſo ſo. Das wenigſte
iſt Wiſſenſchaft, was wir haben, das meißt’
iſt Muthmaſſung, Weg, den man gehen
muß um zur Wiſſenſchaft zu gelangen. Es
geht mit den Wiſſenſchaften wie mit der Liebe:
Die verſtohlne iſt die angenehmſte. Das
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er auf keine Erfindung kommen kann. Per
aſpera ad aſtra
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[200/0208] hang dabey ein Paar Grane einbuͤßt. Ein academiſcher Lehrer muß, wenn er ſeine Kennt- niße gut verzinſen will, marcktſchreien, und durch eine Univerſalpille die Leute an ſeine Bude locken. Die meiſten haben ein Arca- num ein Myſterium das ſie empfiehlet wovon ſie zwey Drittheil alle halbe Jahr fuͤr ſechs bis acht Thaler ſchwer Geld verhandlen ein Drittheil behalten ſie noch zuruͤck. Man erfaͤhrt alſo das ganze nicht eher, als bis es im Druck erſcheinet und ſiehe da! kein Menſch findet das was der Profeſſor fand. Es iſt ein gewoͤhnliches Compendium. Weiß ein Profeſſor nur einerley iſt er ein Pedant. Seine Wiſſenſchaft iſt der Deſpot der uͤber ihn herſcht. Weiß er, (und dies iſt gemeinhin der Fall, weil er mit ſeinen Herren Amtsbruͤdern oft eine Lanze brechen muß) mehr; iſts blos ſo ſo. Das wenigſte iſt Wiſſenſchaft, was wir haben, das meißt’ iſt Muthmaſſung, Weg, den man gehen muß um zur Wiſſenſchaft zu gelangen. Es geht mit den Wiſſenſchaften wie mit der Liebe: Die verſtohlne iſt die angenehmſte. Das Handwerk wird einem Jeden ſo gelaͤufig daß er auf keine Erfindung kommen kann. Per aſpera ad aſtra. Wuͤrden die Profeſſores blos

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/208>, abgerufen am 24.11.2024.