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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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bey dem allen glaub ich, daß nicht drey Paar
in ganz Curland sich lieben, wie man recht
liebt, sich lieben wie wir -- Du wirst über
vieles lachen was ich mir im Kopf gezeichnet,
über vieles wirst du mich aber küßen --
Im Lande, schreibst du, wo man sich in der
Landessprache nicht auf gute Weise dutzen
kann, liebt man nur so so -- -- recht! ganz
recht lieber Junge, und wenn hättest du nicht
bey mir Recht? Das Dutzen ist so was zum
Herzen, daß ichs nicht sagen kann. Was
das hübsch ist, daß du deinen Vater und deine
Mutter du zu nennen, das Herz hast. Mei-
nem Vater dürft ich so nicht kommen: der
Mutter wohl -- darum liebst du auch dei-
nen Vater mehr, als ich den Meinigen. Unsre
Mütter lieben wir, glaub' ich gleich -- Denn
kleinen Finger von der Liebe womit wir uns
lieben auch der nicht! -- Ich habe schon
gedacht, ihr Männer könnt nimmer so zärtlich
seyn, als wir: Hörst du? als wir. Wo ich
alles hernehme was ich schreibe, mußt du bes-
ser wissen als ich -- denn in Wahrheit, wenn
ich mich ans Papier setze, weiß ich kein Wort.
Morgen von vier bis sieben; ich würde nicht
eine Sylbe an dich schreiben, wenn du es nicht
so woltest, aber du müßtest ohn End und

Ziel

bey dem allen glaub ich, daß nicht drey Paar
in ganz Curland ſich lieben, wie man recht
liebt, ſich lieben wie wir — Du wirſt uͤber
vieles lachen was ich mir im Kopf gezeichnet,
uͤber vieles wirſt du mich aber kuͤßen —
Im Lande, ſchreibſt du, wo man ſich in der
Landesſprache nicht auf gute Weiſe dutzen
kann, liebt man nur ſo ſo — — recht! ganz
recht lieber Junge, und wenn haͤtteſt du nicht
bey mir Recht? Das Dutzen iſt ſo was zum
Herzen, daß ichs nicht ſagen kann. Was
das huͤbſch iſt, daß du deinen Vater und deine
Mutter du zu nennen, das Herz haſt. Mei-
nem Vater duͤrft ich ſo nicht kommen: der
Mutter wohl — darum liebſt du auch dei-
nen Vater mehr, als ich den Meinigen. Unſre
Muͤtter lieben wir, glaub’ ich gleich — Denn
kleinen Finger von der Liebe womit wir uns
lieben auch der nicht! — Ich habe ſchon
gedacht, ihr Maͤnner koͤnnt nimmer ſo zaͤrtlich
ſeyn, als wir: Hoͤrſt du? als wir. Wo ich
alles hernehme was ich ſchreibe, mußt du beſ-
ſer wiſſen als ich — denn in Wahrheit, wenn
ich mich ans Papier ſetze, weiß ich kein Wort.
Morgen von vier bis ſieben; ich wuͤrde nicht
eine Sylbe an dich ſchreiben, wenn du es nicht
ſo wolteſt, aber du muͤßteſt ohn End und

Ziel
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[237/0249] bey dem allen glaub ich, daß nicht drey Paar in ganz Curland ſich lieben, wie man recht liebt, ſich lieben wie wir — Du wirſt uͤber vieles lachen was ich mir im Kopf gezeichnet, uͤber vieles wirſt du mich aber kuͤßen — Im Lande, ſchreibſt du, wo man ſich in der Landesſprache nicht auf gute Weiſe dutzen kann, liebt man nur ſo ſo — — recht! ganz recht lieber Junge, und wenn haͤtteſt du nicht bey mir Recht? Das Dutzen iſt ſo was zum Herzen, daß ichs nicht ſagen kann. Was das huͤbſch iſt, daß du deinen Vater und deine Mutter du zu nennen, das Herz haſt. Mei- nem Vater duͤrft ich ſo nicht kommen: der Mutter wohl — darum liebſt du auch dei- nen Vater mehr, als ich den Meinigen. Unſre Muͤtter lieben wir, glaub’ ich gleich — Denn kleinen Finger von der Liebe womit wir uns lieben auch der nicht! — Ich habe ſchon gedacht, ihr Maͤnner koͤnnt nimmer ſo zaͤrtlich ſeyn, als wir: Hoͤrſt du? als wir. Wo ich alles hernehme was ich ſchreibe, mußt du beſ- ſer wiſſen als ich — denn in Wahrheit, wenn ich mich ans Papier ſetze, weiß ich kein Wort. Morgen von vier bis ſieben; ich wuͤrde nicht eine Sylbe an dich ſchreiben, wenn du es nicht ſo wolteſt, aber du muͤßteſt ohn End und Ziel

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/249>, abgerufen am 21.11.2024.