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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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"haben. Es ist ihnen aller beßer wie zuvor.
"Sie sehen alles in den besten Jahreszeiten,
"alles im Junius" So weit du. Eine schö-
ne Antwort auf deinen Brief. Ich schreib
ab, was du geschrieben hast. Mich dünckt
aber -- das ist die rechte Art für ein Weib.
Es ist eine Kopistin des Mannes, wenn es
schreibt. Denn dies ist ihr Fach nicht. Das
war wieder eine Abschrift von dir, und über-
haupt bin ich ganz nur eine Abschrift von dir.
Du hast mir gestern geschrieben, daß ich deine
Buchstaben nach mache, und daß sie mit der
Zeit wie deine seyn würden. Lieber Junge!
ich leg' es nicht dazu an: ich mache sie nicht
nach. Es kommt von selbst, ungebeten --
Ich lese deine Briefe mir ins Herz und in
die Hand. Wenn du morgen zu mir kom-
men wilst; komm um vier. Von vier bis
sieben sind nur drey Stunden, ich habe dir
viel von der Liebe zu sagen, worauf mich dein
Brief gebracht hat. So was muß man sich
sagen. Schreibt man, ists so als wenn man
Schlagwasser aufs Schnupftuch gießt. Ich
denck, die Liebe ist noch das Einzige, was in
der Welt von ihrem Stande der Unschuld, und
von der Zeit da sie aus des lieben Gottes
Hand kam, übrig ist. Und du lieber Gott!

bey

„haben. Es iſt ihnen aller beßer wie zuvor.
„Sie ſehen alles in den beſten Jahreszeiten,
„alles im Junius„ So weit du. Eine ſchoͤ-
ne Antwort auf deinen Brief. Ich ſchreib
ab, was du geſchrieben haſt. Mich duͤnckt
aber — das iſt die rechte Art fuͤr ein Weib.
Es iſt eine Kopiſtin des Mannes, wenn es
ſchreibt. Denn dies iſt ihr Fach nicht. Das
war wieder eine Abſchrift von dir, und uͤber-
haupt bin ich ganz nur eine Abſchrift von dir.
Du haſt mir geſtern geſchrieben, daß ich deine
Buchſtaben nach mache, und daß ſie mit der
Zeit wie deine ſeyn wuͤrden. Lieber Junge!
ich leg’ es nicht dazu an: ich mache ſie nicht
nach. Es kommt von ſelbſt, ungebeten —
Ich leſe deine Briefe mir ins Herz und in
die Hand. Wenn du morgen zu mir kom-
men wilſt; komm um vier. Von vier bis
ſieben ſind nur drey Stunden, ich habe dir
viel von der Liebe zu ſagen, worauf mich dein
Brief gebracht hat. So was muß man ſich
ſagen. Schreibt man, iſts ſo als wenn man
Schlagwaſſer aufs Schnupftuch gießt. Ich
denck, die Liebe iſt noch das Einzige, was in
der Welt von ihrem Stande der Unſchuld, und
von der Zeit da ſie aus des lieben Gottes
Hand kam, uͤbrig iſt. Und du lieber Gott!

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[236/0248] „haben. Es iſt ihnen aller beßer wie zuvor. „Sie ſehen alles in den beſten Jahreszeiten, „alles im Junius„ So weit du. Eine ſchoͤ- ne Antwort auf deinen Brief. Ich ſchreib ab, was du geſchrieben haſt. Mich duͤnckt aber — das iſt die rechte Art fuͤr ein Weib. Es iſt eine Kopiſtin des Mannes, wenn es ſchreibt. Denn dies iſt ihr Fach nicht. Das war wieder eine Abſchrift von dir, und uͤber- haupt bin ich ganz nur eine Abſchrift von dir. Du haſt mir geſtern geſchrieben, daß ich deine Buchſtaben nach mache, und daß ſie mit der Zeit wie deine ſeyn wuͤrden. Lieber Junge! ich leg’ es nicht dazu an: ich mache ſie nicht nach. Es kommt von ſelbſt, ungebeten — Ich leſe deine Briefe mir ins Herz und in die Hand. Wenn du morgen zu mir kom- men wilſt; komm um vier. Von vier bis ſieben ſind nur drey Stunden, ich habe dir viel von der Liebe zu ſagen, worauf mich dein Brief gebracht hat. So was muß man ſich ſagen. Schreibt man, iſts ſo als wenn man Schlagwaſſer aufs Schnupftuch gießt. Ich denck, die Liebe iſt noch das Einzige, was in der Welt von ihrem Stande der Unſchuld, und von der Zeit da ſie aus des lieben Gottes Hand kam, uͤbrig iſt. Und du lieber Gott! bey

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/248>, abgerufen am 24.11.2024.