wie sich's eignet und gebühret, mit Haut und Haar, mit Herzen, Mund und Händen, Curländer.
Deine liebe Grosmutter, so gastfrey wie ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht eher, als bis er die Anwerbung angebracht hatte -- nicht um mich, so weit sind wir noch nicht, sondern um die Informatorstelle, die im Kirchspiel offen war -- Hofmeister- stelle, sagte dein Grosvater, und belehrte zu- gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa- stor hieße, und des bin ich herzinniglich froh, und verehre im Staube die wunder- bare Schickung Gottes in Curland: denn kein Tittel hat solche Verkürzungen erlitten, als Pastor auf deutsch. Erst hieß es Pfarr- herr, mithin Herr von forne und Herr von hinten, wie's billig ist, Herr Pfarrherr. Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß sich Gott erbarme! wer nicht buchstabiren kann, schreibt Farr, und das ist ein einjähri- ger Ochse. In der Aussprache ist so kein Unterschied, wenn man auch drey Ohren hät- te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge- bohrnen, der für seinen Sohn einen Hofmei- ster suchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern, sagte mein Vater, wenn wir wenig werden --
Jezt
wie ſich’s eignet und gebuͤhret, mit Haut und Haar, mit Herzen, Mund und Haͤnden, Curlaͤnder.
Deine liebe Grosmutter, ſo gaſtfrey wie ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht eher, als bis er die Anwerbung angebracht hatte — nicht um mich, ſo weit ſind wir noch nicht, ſondern um die Informatorſtelle, die im Kirchſpiel offen war — Hofmeiſter- ſtelle, ſagte dein Grosvater, und belehrte zu- gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa- ſtor hieße, und des bin ich herzinniglich froh, und verehre im Staube die wunder- bare Schickung Gottes in Curland: denn kein Tittel hat ſolche Verkuͤrzungen erlitten, als Paſtor auf deutſch. Erſt hieß es Pfarr- herr, mithin Herr von forne und Herr von hinten, wie’s billig iſt, Herr Pfarrherr. Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß ſich Gott erbarme! wer nicht buchſtabiren kann, ſchreibt Farr, und das iſt ein einjaͤhri- ger Ochſe. In der Ausſprache iſt ſo kein Unterſchied, wenn man auch drey Ohren haͤt- te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge- bohrnen, der fuͤr ſeinen Sohn einen Hofmei- ſter ſuchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern, ſagte mein Vater, wenn wir wenig werden —
Jezt
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wie ſich’s eignet und gebuͤhret, mit Haut
und Haar, mit Herzen, Mund und Haͤnden,
Curlaͤnder.
Deine liebe Grosmutter, ſo gaſtfrey wie
ich, bat abzulegen. Dein Vater thats nicht
eher, als bis er die Anwerbung angebracht
hatte — nicht um mich, ſo weit ſind wir
noch nicht, ſondern um die Informatorſtelle,
die im Kirchſpiel offen war — Hofmeiſter-
ſtelle, ſagte dein Grosvater, und belehrte zu-
gleich deinen Vater, daß ein Prediger Pa-
ſtor hieße, und des bin ich herzinniglich
froh, und verehre im Staube die wunder-
bare Schickung Gottes in Curland: denn
kein Tittel hat ſolche Verkuͤrzungen erlitten,
als Paſtor auf deutſch. Erſt hieß es Pfarr-
herr, mithin Herr von forne und Herr von
hinten, wie’s billig iſt, Herr Pfarrherr.
Nachher Pfarrer und jetzo Pfarr. Daß
ſich Gott erbarme! wer nicht buchſtabiren
kann, ſchreibt Farr, und das iſt ein einjaͤhri-
ger Ochſe. In der Ausſprache iſt ſo kein
Unterſchied, wenn man auch drey Ohren haͤt-
te! Mein Vater war bey Sr. Hochwohlge-
bohrnen, der fuͤr ſeinen Sohn einen Hofmei-
ſter ſuchte, Hahnchen im Korbe. Sehr gern,
ſagte mein Vater, wenn wir wenig werden —
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/270>, abgerufen am 24.11.2024.
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