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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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übern Wurm, wie Jonas über den, der
ihm den Kürbis stach.

Würde er wohl, sagte meine Mutter
mit entscheidendem Tone, solchen Ring beyge-
legt haben, wenn er nicht unter der Wildschur
ein ander Kleid hätte -- Ich weiß nicht,
warum mir dieser Grund gleichfals sehr wahr-
scheinlich auffiel; allein desto heftiger war
mein Entsetzen, da ich vernahm daß er den
Pastor L -- fleißig besuchte, und daß er
die jüngste von seinen Töchtern, welches ein
sehr lustiges und hübsches Mädchen war,
heirathen würde. Diese Zeitung blitzt' und
traf, ich fiel so lang ich war zu Boden, und
ward herzlich, jawohl herzlich Krank. Die
ganze Gegend wußt' jetzo, daß dein Vater
die Gabe der Enthaltsamkeit nicht hatte,
desto besorgter war ich, denn so unangenehm
es mir war, daß dein Vater nicht hebräisch
konnte, wovon leider! manches geredet ward,
so sehr lieb war es mir dagegen, daß man
ihm die seltene Gabe der Enthaltsamkeit
andichtete. Ich stand entsetzlich viel aus.
Zu dem Gerüchte wegen der jüngsten Tochter
des Pastors L -- kam ein Traum, dessen ich
mich jetzo erinnerte, und den ich, von der
Stunde der Erinnerung an, Tag und Nacht

in

uͤbern Wurm, wie Jonas uͤber den, der
ihm den Kuͤrbis ſtach.

Wuͤrde er wohl, ſagte meine Mutter
mit entſcheidendem Tone, ſolchen Ring beyge-
legt haben, wenn er nicht unter der Wildſchur
ein ander Kleid haͤtte — Ich weiß nicht,
warum mir dieſer Grund gleichfals ſehr wahr-
ſcheinlich auffiel; allein deſto heftiger war
mein Entſetzen, da ich vernahm daß er den
Paſtor L — fleißig beſuchte, und daß er
die juͤngſte von ſeinen Toͤchtern, welches ein
ſehr luſtiges und huͤbſches Maͤdchen war,
heirathen wuͤrde. Dieſe Zeitung blitzt’ und
traf, ich fiel ſo lang ich war zu Boden, und
ward herzlich, jawohl herzlich Krank. Die
ganze Gegend wußt’ jetzo, daß dein Vater
die Gabe der Enthaltſamkeit nicht hatte,
deſto beſorgter war ich, denn ſo unangenehm
es mir war, daß dein Vater nicht hebraͤiſch
konnte, wovon leider! manches geredet ward,
ſo ſehr lieb war es mir dagegen, daß man
ihm die ſeltene Gabe der Enthaltſamkeit
andichtete. Ich ſtand entſetzlich viel aus.
Zu dem Geruͤchte wegen der juͤngſten Tochter
des Paſtors L — kam ein Traum, deſſen ich
mich jetzo erinnerte, und den ich, von der
Stunde der Erinnerung an, Tag und Nacht

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[276/0288] uͤbern Wurm, wie Jonas uͤber den, der ihm den Kuͤrbis ſtach. Wuͤrde er wohl, ſagte meine Mutter mit entſcheidendem Tone, ſolchen Ring beyge- legt haben, wenn er nicht unter der Wildſchur ein ander Kleid haͤtte — Ich weiß nicht, warum mir dieſer Grund gleichfals ſehr wahr- ſcheinlich auffiel; allein deſto heftiger war mein Entſetzen, da ich vernahm daß er den Paſtor L — fleißig beſuchte, und daß er die juͤngſte von ſeinen Toͤchtern, welches ein ſehr luſtiges und huͤbſches Maͤdchen war, heirathen wuͤrde. Dieſe Zeitung blitzt’ und traf, ich fiel ſo lang ich war zu Boden, und ward herzlich, jawohl herzlich Krank. Die ganze Gegend wußt’ jetzo, daß dein Vater die Gabe der Enthaltſamkeit nicht hatte, deſto beſorgter war ich, denn ſo unangenehm es mir war, daß dein Vater nicht hebraͤiſch konnte, wovon leider! manches geredet ward, ſo ſehr lieb war es mir dagegen, daß man ihm die ſeltene Gabe der Enthaltſamkeit andichtete. Ich ſtand entſetzlich viel aus. Zu dem Geruͤchte wegen der juͤngſten Tochter des Paſtors L — kam ein Traum, deſſen ich mich jetzo erinnerte, und den ich, von der Stunde der Erinnerung an, Tag und Nacht in

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/288>, abgerufen am 24.11.2024.