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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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phetenknabe zierlich, manierlich! allein noch
besser würdest du seyn, und nicht so offt in
Gedancken, Geberden, Worten und Wercken
trommeln und querpfeifen, du würdest deine
Meinung ohne Schäumchen aufgießen, wenn
dein lieber Vater dich gleich mein Sohn,
und nicht Alexander aufgerufen. So bald
ich dir anrieth, Särger zu schnitzeln, und
Leichen zu begraben, lehrt' er dich Spieße
und Bogen machen, und noch ganz klein
stelte er türkische Bohnen wie Soldaten, von
denen du Gottlob! damals keinen Begrif hat-
test. Wenn dich Leute küßen wolten, stieß er
sie von dir. Brecht die Rose nicht, damit
sie nicht welck werde. Er schien zu meinen,
daß dir durch Küße das Fett abgeschöpft
würde. Wenn er lieben wird, setzt' er hin-
zu, kann er küßen. Ich gab dir die wolge-
meinte Lehre, wenn eine große und kleine
Pforte zu einem Wege führt, gehe durch die
Kleine, und hab' auch hiebey erbauliche Ge-
danken -- Dein Vater sagte durch die
Große --

Ich, wenn du gähnst, schlag ein Kreutz
und halt die Hand vor.

Dein Vater, schlag kein Kreutz und laß
jedem deinen Mund sehen, (in diesem einzigen

Stück
T 3

phetenknabe zierlich, manierlich! allein noch
beſſer wuͤrdeſt du ſeyn, und nicht ſo offt in
Gedancken, Geberden, Worten und Wercken
trommeln und querpfeifen, du wuͤrdeſt deine
Meinung ohne Schaͤumchen aufgießen, wenn
dein lieber Vater dich gleich mein Sohn,
und nicht Alexander aufgerufen. So bald
ich dir anrieth, Saͤrger zu ſchnitzeln, und
Leichen zu begraben, lehrt’ er dich Spieße
und Bogen machen, und noch ganz klein
ſtelte er tuͤrkiſche Bohnen wie Soldaten, von
denen du Gottlob! damals keinen Begrif hat-
teſt. Wenn dich Leute kuͤßen wolten, ſtieß er
ſie von dir. Brecht die Roſe nicht, damit
ſie nicht welck werde. Er ſchien zu meinen,
daß dir durch Kuͤße das Fett abgeſchoͤpft
wuͤrde. Wenn er lieben wird, ſetzt’ er hin-
zu, kann er kuͤßen. Ich gab dir die wolge-
meinte Lehre, wenn eine große und kleine
Pforte zu einem Wege fuͤhrt, gehe durch die
Kleine, und hab’ auch hiebey erbauliche Ge-
danken — Dein Vater ſagte durch die
Große —

Ich, wenn du gaͤhnſt, ſchlag ein Kreutz
und halt die Hand vor.

Dein Vater, ſchlag kein Kreutz und laß
jedem deinen Mund ſehen, (in dieſem einzigen

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[291/0303] phetenknabe zierlich, manierlich! allein noch beſſer wuͤrdeſt du ſeyn, und nicht ſo offt in Gedancken, Geberden, Worten und Wercken trommeln und querpfeifen, du wuͤrdeſt deine Meinung ohne Schaͤumchen aufgießen, wenn dein lieber Vater dich gleich mein Sohn, und nicht Alexander aufgerufen. So bald ich dir anrieth, Saͤrger zu ſchnitzeln, und Leichen zu begraben, lehrt’ er dich Spieße und Bogen machen, und noch ganz klein ſtelte er tuͤrkiſche Bohnen wie Soldaten, von denen du Gottlob! damals keinen Begrif hat- teſt. Wenn dich Leute kuͤßen wolten, ſtieß er ſie von dir. Brecht die Roſe nicht, damit ſie nicht welck werde. Er ſchien zu meinen, daß dir durch Kuͤße das Fett abgeſchoͤpft wuͤrde. Wenn er lieben wird, ſetzt’ er hin- zu, kann er kuͤßen. Ich gab dir die wolge- meinte Lehre, wenn eine große und kleine Pforte zu einem Wege fuͤhrt, gehe durch die Kleine, und hab’ auch hiebey erbauliche Ge- danken — Dein Vater ſagte durch die Große — Ich, wenn du gaͤhnſt, ſchlag ein Kreutz und halt die Hand vor. Dein Vater, ſchlag kein Kreutz und laß jedem deinen Mund ſehen, (in dieſem einzigen Stuͤck T 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/303>, abgerufen am 22.11.2024.